LESERINNENBRIEFE
: Gefährliche Aufregung

SPD-POLITIKER Helmut Schmidt hält Frieden für „bekömmlicher als das Androhen von Sanktionen“ und die G 20 für wichtiger als die G 8. Gernot Erler meint, mit Putin nicht mehr Politik treiben zu können wie bisher. Auch die taz-LeserInnen diskutieren kontrovers

Realpolitik

■ betr.: „Dummes Zeug“, taz.de vom 26. 3. 14

Mich stört am meisten die Vorgehensweise des Herrn Putin. Sicherlich lagen die Krim und daneben die brodelnde Ukraine wie Sahnestückchen neben dem überhitzten Ofen vor seiner Nase. Aber die Krim war eben nicht sein Sahnestückchen. Doch da konnte Putin einfach nicht widerstehen. Und das macht eben erst die Problematik aus, dass Diplomatie länger dauert und das oft mit ungewissem Ausgang. Aber es war einfach die falsche Vorgehensweise, genau wie all die anderen weltweit mit ihrer Politik der vollendeten Tatsachen all die vor den Kopf stoßen, die womöglich zum selben Ergebnis gekommen wären, wenn dem ein faires Verfahren vorangegangen wäre. Nur gibt ihnen in der Regel die Realpolitik auch im Nachhinein recht, egal wie lange die Übergangenen schmollen. Wann wurden je vollendete Tatsachen aus diesem Grunde rückgängig gemacht? Kann mich nicht entsinnen. noevil, taz.de

Ins Schwarze

■ betr.: „Dummes Zeug“, taz.de vom 26. 3. 14

Helmut Schmidt ist Realpolitiker geblieben. Er gehört zu den Deutschen, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt haben und von daher genau wissen, was dann passiert. Mit jedem Wort trifft er ins Schwarze. Seine analytischen Fähigkeiten und seine Entscheidungsfähigkeit sind immer noch außergewöhnlich. Diese geistige Frische wünsche ich den Politikern unserer Tage. Damit unsere Demokratie nicht wegen Unglaubwürdigkeit zum Auslaufmodel wird. yyyy xxxx, taz.de

Abgestimmt

■ betr.: „Dummes Zeug“, taz.de vom 26. 3. 14

„Russland hatte sich die ukrainische Teilrepublik Krim am Freitag ungeachtet internationaler Proteste einverleibt, nachdem sich die Bevölkerung in einem umstrittenen Referendum mehrheitlich für die Abspaltung von der Ukraine ausgesprochen hatte.“ Überall ist die Rede von einer Annexion, verdammt, die haben nun mal abgestimmt. Umstritten ist das nur, weil es den Leuten nicht passt! Die EU sollte sich nicht so von ihren amerikanischen „Freunden“ bequatschen lassen, alles, was die interessiert, ist das Freihandelsabkommen! Arjab, taz.de

Angst vor rechts

■ betr.: „Dummes Zeug“, taz.de vom 26. 3. 14

Merkwürdig, ich finde das Vorgehen von Putin, der das in Moskau natürlich nicht völlig allein und einsam entscheidet, auch „durchaus verständlich“. Ich habe heute keine Angst vor den Russen! Ich habe heute eher Angst vor dem Erstarken der Rechtsextremen, dem (bürger)kriegslüsternen Gekreische, den zusehends provozierenden Gewaltexzessen, den (Neo-) Nazis, den Antisemiten und Nationalisten in der Ukraine und anderen (ost-, mittel- und jetzt westeuropäischen) Staaten bis mitten hinein in die EU! GERDA FÜRCH, taz.de

Er soll schweigen

■ betr.: „Dummes Zeug“, taz.de vom 26. 3. 14

Ich bin entsetzt, mit welch einer gleichgültigen Leichtigkeit von gewissen taz.de-Foristen Putins Propaganda übernommen wird. Ich bin entsetzt über das senile Altherrengeschwafel des ehemaligen Kanzlers Schmidt, der während seiner Kanzlerschaft außer dem Nato-Doppelbeschluss nichts auf die Reihe bekommen hat. Ein großer Staatsmann? Dass ich nicht lache. Wir sind damals gegen ihn auf die Straße gegangen. Als Bundeskanzler ist er gescheitert. Es wird Zeit, dass er endlich schweigt. HEINZ G. GRUSE, taz.de

Annexion

■ betr.: „Dummes Zeug“, taz.de vom 26. 3. 14

An alle, die Schmidt recht geben, Putin irgendwie verstehen oder von „antirussischer Westpropaganda“ sprechen: Es ist schon so, dass die russische Armee einen Teil eines souveränen Staates annektiert hat, oder? Und dass man so etwas verurteilt (nicht nur, aber zumal vor dem Hintergrund des militärischen und ökonomischen Machtgefälles zwischen Ukraine und Russland), darauf könnte man sich einigen, oder? Also: Was ist denn dran an der Kritik am Westen? Spin, taz.de

Rollen Panzer?

■ betr.: „Gernot Erler: Russland isoliert sich selbst“, taz.de vom 27. 3. 14

Klare Frage, eindeutige Antwort. Gernot Erler schließt eine militärische Lösung nicht aus. Zumindest ich erkenne keinen Anlass, der es rechtfertigen würde, die Panzer rollen zu lassen. Vielleicht reagiere ich aber nur etwas überempfindlich, wenn’s in den großen Kampf gehen soll. Unser begnadetes Politikpersonal scheint das alles etwas abgeklärter zu sehen. Passender Beitrag zum Thema „100 Jahre Erster Weltkrieg“. Knipperdollinck, taz.de

Verharmlosung

■ betr.: „Ruslana: ‚Alles, was ich will, ist Frieden‘“, taz.de vom 27. 3. 14

Dass Putins Propaganda die Existenz von Faschisten für ihre Zwecke ausnutzt, ist bekannt. Aber wenn Ruslana behauptet, die Revolution sei nur vom friedlichen, unpolitischen Volk auf dem Maidan ausgegangen, verharmlost sie dann nicht die kämpferischen Handlungen des rechten Sektors, der am Sturz Janukowitschs stark beteiligt war? Manche behaupten ja sogar, der Sturz wäre ohne diese gar nicht möglich gewesen. Manuel, taz.de