Aushängeschild Integration

Der neue Integrationsbeirat in NRW könnte das Land verändern – oder ein reiner Debattierclub werden. Für Experten hat das Gremium eher symbolischen Wert und wird überbewertet

VON MORITZ SCHRÖDER

Landesminister Armin Laschet (CDU) will mit dem am Montag vorgestellten Integrationsbeirat ein Zeichen setzen: Über die Eingliederung von MigrantInnen in NRW sollen jetzt ExpertInnen aus ganz Deutschland diskutieren. Ob sich die Ergebnisse auch in der Landespolitik niederschlagen, muss sich allerdings erst zeigen. Ein Experte bemängelt, das Gremium sei zwar gut gemeint, werde aber kaum Wirkung auf politische Entscheidungen haben. „Den Beirat darf man nicht überschätzen“, sagt Christoph Butterwegge, Leiter der Abteilung für Politikwissenschaft an der Universität Köln.

Die Liste der Mitglieder liest sich wie die Einladung zu einer Prominentengala (siehe unten): Die islamkritische Anwältin Seyran Ates aus Berlin soll dazu gehören, genauso der Schriftsteller Wladimir Kaminer. Cem Özdemir (Grüne) aus dem Europäischen Parlament wurde berufen, ebenso Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU). „Durch solche respektablen Persönlichkeiten bekommt der Beirat eine Alibifunktion“, kritisiert Butterwegge. Die Landesregierung wolle sich mit den Prominenten nur symbolisch an die Spitze der Integrationsbewegung setzen.

Mitglieder des Rates – insgesamt sind es 27 – lassen die Einwände nicht gelten. „In dem Beirat sitzen viele erfahrene Personen“, sagt Bülent Arslan, Leiter des Instituts für interkulturelle Management- und Politikberatung in Düsseldorf. Die Diskussionen dort würden auch politisches Gewicht haben, so Arslan. „Wir sind zwar kein Beschlussorgan. Aber die Landesregierung wird bei Entscheidungen zur Integrationspolitik immer mit einem Auge schauen, was der Beirat dazu sagt.“

Auch Minister Laschet glaubt, dass die Arbeit im Integrationsbeirat politisch spürbar sein wird. „Aufgabe des Beirates ist es, die Landesregierung in allen Fragen der Integrationspolitik zu beraten, zu unterstützen und kritisch zu begleiten“, sagte er am Montag. Noch steht nicht fest, wie oft der Beirat tagen soll und wie die Arbeit dort genau funktioniert. Auch die Themen, mit denen sich die 27 Experten beschäftigen werden, sind noch nicht festgelegt. Faruk Sen, ebenfalls Mitglied und Direktor des Zentrums für Türkeistudien in Essen, liegt eine Diskussion aber besonders am Herzen: die Arbeitslosigkeit von MigrantInnen in NRW.

Die Beiräte anderer Bundesländer haben unterschiedliche Erfahrungen mit der Landespolitik gemacht. „Der Beirat ist allenfalls eine Ergänzung zu bestehenden Strukturen“, sagt Ulrike Foraci, Mitarbeiterin im Hessischen Integrationsbeirat. In Hessen, wo es den Beirat schon seit dem Jahr 2000 gibt, treffen sich alle ExpertInnen vier Mal im Jahr. Der Erfolg der Arbeit hänge stark vom Engagement der TeilnehmerInnen ab, so Foraci. Nicht alle würden regelmäßig an den Sitzungen teilnehmen und es sei oft schwierig, einen Konsens unter den Mitgliedern zu finden.

Auch Hamburg hat seit 2002 einen Beirat für Integration, dessen Mitglieder vier Mal jährlich zusammenkommen. Dort arbeiten die Fachleute laut Mitglied Hüseyin Yilmaz gut zusammen. „Behörden gegenüber werden unsere Vorschläge jetzt ernst genommen“, sagt Yilmaz. So hat der Beirat in Hamburg durchgesetzt, dass Eltern mit ihren Kindern am Sprachunterricht in Kindertagesstätten teilnehmen dürfen. In Hessen wurde durch das Gremium unter anderem ein mit 20.000 Euro dotierter Integrationspreis eingeführt, der an innovative Projekte vergeben wird.

In anderen Projektgruppen des Beirats in Hessen, etwa zum Thema Schule und Bildung, herrscht jedoch oft Enttäuschung. Beispielsweise wurde gefordert, Informationsbroschüren über das Schulsystem für Eltern mit Migrationshintergrund herzustellen. Die gibt es in vielen Sprachen noch nicht. Allgemein gibt Yilmaz aus Hamburg zu bedenken: „Das Gremium reicht für die Integrationspolitik nicht aus.“