Zypern droht Türkei

Außenminister Lillikas beharrt auf Erfüllung türkischer Verpflichtungen. EU sucht Lösung in letzter Minute

BERLIN taz ■ Die Verhandlungen um eine EU-Mitgliedschaft der Türkei drohen am Widerstand Zyperns zu scheitern. Zyperns Außenminister Georgios Lillikas schloss gestern in Berlin gegenüber der taz ein Veto der griechischen Inselrepublik nicht aus, sollte Ankara nicht seine Verpflichtungen gegenüber Zypern erfüllen. „Wir haben die EU-Mitgliedschaft der Türkei unterstützt“, sagte Lillikas: „Aber unsere Unterstützung wird nicht bedingungslos sein.“

Bei dem Streit geht es um die Öffnung türkischer Häfen und Flughäfen für zypriotische Schiffe und Maschinen. Die Türkei hat eine solche Erfüllung des EU-Zollabkommens trotz wiederholter Mahnungen aus Brüssel mehrfach abgelehnt, solange die EU die Isolation der türkischen Zyprioten im Nordteil der Insel nicht aufhebt. Damit droht im November ein Einfrieren der EU-Beitrittsverhandlungen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte die griechischen Zyprioten wenige Tage vor seinem gestrigen Gespräch mit Lillikas aufgefordert, ihre Blockadehaltung gegenüber den Zyperntürken aufzugeben. Dazu erklärte Lillikas, eine solche Blockade existiere überhaupt nicht; den türkischen Zyprioten sei es jederzeit gestattet, ihre Waren über den griechischen Süden in die EU zu exportieren. Die zyperntürkische Seite pocht allerdings ebenso wie Ankara darauf, dass Brüssel sein ursprüngliches Versprechen direkter Handelsbeziehungen – ohne einen Umweg über Südzypern – einhält.

Der griechische Teil Zyperns ist seit 2005 EU-Mitglied. Der international nicht anerkannte türkische Nordteil blieb dagegen außen vor, weil die Zyperngriechen im selben Jahr einen UN-Plan zur Wiedervereinigung mit großer Mehrheit ablehnten, während ihre türkischen Landsleute zustimmten. Der jetzige Außenminister Lillikas zählte damals zu den schärfsten Gegnern der neuen Verfassung.

Die finnische Ratspräsidentschaft ist derzeit bemüht, einen Kompromiss in letzter Minute zu vermitteln, um die Türkei-Verhandlungen noch zu retten. Danach soll der zyperntürkische Hafen von Famagusta für beide Seiten zum Export freigegeben werden. Im Gegenzug verlangt die griechische Seite die Rückgabe der von türkischen Truppen besetzten Stadt Varoscha. Eine weitere Variante des Plans sieht vor, dass die Türkei zunächst nur einen Teil ihrer Häfen und Flughäfen für die Zyperngriechen öffnen muss.

Die Zyperntürken wiederum erwarten, dass auch ihr Flughafen in Nord-Nikosia als legaler Export- und Reisepunkt anerkannt wird. Einen solchen Schritt aber schloss Lillikas definitiv aus. Dies käme einer indirekten Anerkennung der illegitimen Türkischen Republik Nordzypern gleich. Lillikas sprach sich gestern dagegen aus, der Türkei weitere Kompromisse „wie auf einem anatolischen Basar“ anzubieten. Damit sind die Chancen für einen Kompromiss auf ein Minimum gesunken.

KLAUS HILLENBRAND