In sieben Jahren nach Dänemark

Die dänische Industrie will über den Fehmarnbelt. Mit Staatsgarantien soll die Querung in einer Bauzeit von sieben Jahren errichtet werden. Ob sie gebaut wird, soll sich zum Jahresende entscheiden

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Hans Skov Christensen hat keine Zweifel: „Die Fehmarnbelt-Querung ist notwendig für wirtschaftliches Wachstum auf beiden Seiten“, glaubt der Chef des Hauptverbandes der Dänischen Industrie. Der Brückenschlag über die Meerenge zwischen Fehmarn und der dänischen Insel Lolland sei „volks- und betriebswirtschaftlich gesund“ und könne ohne staatliche Finanzierung verwirklicht werden. Selbst die Umwelt, prophezeit Christensen, wird von einer Brücke und der damit verbundenen Verkehrsentlastung profitieren. Schließlich verkürzt sich der Weg zwischen Hamburg und Kopenhagen auf dieser so genannten Vogelfluglinie um 160 Kilometer, gegenüber der über den Großen Belt führenden Jütlandlinie.

In einer 28-seitigen Hochglanzbroschüre entwirft der größte Arbeitgeberverband Dänemarks ein strahlendes Bild des milliardenschweren Verkehrsprojekts (siehe Kasten). Selbst bei der Finanzierung gäbe es keine Probleme.

Mit Staatsgarantien soll die Querung in einer Bauzeit von sieben Jahren errichtet werden, binnen eines Vierteljahrhunderts würden anschließend die Kosten durch die Einnahmen aus der Maut refinanziert sein. Diese soll dem jetzigen Fährpreis von 50 bis 60 Euro für einen PKW entsprechen. Deshalb sei es, sagt Christensen, „nur eine rein theoretische Möglichkeit, dass die Staatsgarantien auch zum Einsatz kommen“ – also die Steuerzahler nachträglich zur Kasse gebeten werden.

Grundlage dieser Prognose ist eine Verdoppelung des Verkehrs gegenüber dem jetzigen Fähraufkommen: 8.000 PKWs, 1.000 LKWs, 4.000 Bahnreisende und 40.000 Tonnen Bahnfracht. Und wenn es noch mehr würde, ginge es eben noch schneller mit der Rückzahlung der Kredite. Alles, was jetzt noch fehle, mahnt Dänemarks Chef-Arbeitgeber, „ist die baldige politische Entscheidung, dieses durchanalysierte Projekt zu verwirklichen“.

Mit der ist Ende dieses Jahres zu rechnen, so die Absprache zwischen der deutschen und der dänischen Regierung. Wichtigste Voraussetzung ist ein Zuschuss von 20 bis 30 Prozent von der Europäischen Union aus deren Topf für grenzüberschreitende Verkehrsprojekte. Den Rest müssten die beiden Staaten sich teilen und Garantien über jeweils etwa 1,75 Milliarden Euro geben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) allerdings hatte sich kürzlich mit Verweis auf „die knappen öffentlichen Kassen“ skeptisch geäußert. Demgegenüber steht die Aussage des zuständigen EU-Projektmanagers Klaus Rudischhauser, es könne „kein Zweifel bestehen, dass dieses Projekt wichtig ist“.

Nur fließen die Euros deshalb noch lange nicht. „Es gibt kein Geld zu verteilen“, erklärte bereits im Sommer der grüne Verkehrspolitiker im Europaparlament, Michael Cramer. Bei den Beratungen des Verkehrsausschusses in Brüssel sei der Brückenschlag über den Fehmarnbelt „nur unter ferner liefen“ behandelt worden – als eines von 30 wichtigen Verkehrsprojekten in Europa. Ohne Teilfinanzierung durch die EU aber sei „das kostenträchtige Prestigeprojekt unbezahlbar“.

Das sieht Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) vollkommen anders. Seine Besprechungen mit interessierten Investoren hätten ergeben, dass die Kosten sogar schon binnen eines Jahrzehnts „wieder eingespielt“ würden. Dabei geht Austermann davon aus, dass die Betreiber eine feste Vergütung erhalten, die mit den Mauteinnahmen verrechnet wird. Das finanzielle Restrisiko für den Bund „tendiert gegen Null“.

Für eine Nullnummer hingegen hält der grüne Verkehrspolitiker im Kieler Landtag, Detlef Matthiessen, diese Rechnung. „Minimales Risiko und maximaler Gewinn für private Investoren, maximales Risiko und minimaler Gewinn für die Steuerzahler – das ist absurde Politik.“

Grundsätzlich ablehnend stehen Naturschützer dem Projekt weiterhin gegenüber. Der Naturschutzbund (NABU) befürchtet unter anderem, dass „tausende Vögel“ jährlich bei Kollisionen mit der etwa 70 Meter hohen Brücke ums Leben kämen. Schließlich sei dieses gebiet „eine der wichtigsten Flugrouten Europas, die jedes Jahr von rund 90 Millionen Zugvögeln genutzt wird. Deshalb heißt sie ja auch Vogelfluglinie.