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: Der Aufstieg ist abgehakt

2. BUNDESLIGA Vor dem Nachbarschaftsderby gegen Cottbus ist für den FC Union die Schlacht bereits geschlagen: Der Aufstieg in die Erste Liga ist unwahrscheinlich.

Eigentlich wollten sie ja erst zum Ende der Saison ein Häkchen hinter das Thema Aufstieg machen in Köpenick. Und zwar im Sinne von: Geschafft! Nun aber hat man bei Union bereits sieben Spieltage vor Saisonende „den Aufstiegsgedanken abgehakt“, wie es Uwe Neuhaus, Trainer der Eisernen, formulierte. Und zwar im Sinne von: keine Chance mehr. „Wir wissen nun, dass wir auch in der kommenden Saison in Liga Zwei spielen werden“, sagte Neuhaus weiter, der sich nun mit den Planungen für die nächste Spielzeit beschäftigt.

Die 1:2-Niederlage beim SV Sandhausen am vergangenen Dienstag gab auch nicht wirklich Anlass zur Hoffnung für den Tabellen-Achten der Zweiten Liga. Mit nun 10 Punkten Rückstand auf Relegationsrang drei ist zwar rechnerisch noch alles drin, einzig der Glaube fehlt nach zuletzt fünf Spielen ohne Sieg. Nun ist es sogar wahrscheinlicher, dass Paderborn oder Sandhausen – beide stehen vor Union – in der kommenden Spielzeit auf der Landkarte der Ersten Liga auftauchen, als dass die Hauptstadt endlich einen weiteren Erstligisten stellt.

Was kann man nun aus den letzten sieben Spielen noch mitnehmen? Was aus dem heutigen Derby gegen Energie Cottbus (20.15 Uhr, Alte Försterei)? Punkte, na klar. Aber diese Partien sollten nun auch dazu dienen, eine sorgfältige Bestandsaufnahme vorzunehmen und zur neuen Saison eine andere Philosophie zu entwickeln. Nein, Union hat keine wirklich schlechte Saison gespielt, aber eben auch keine gute – und die Ansprüche sind gestiegen an der Alten Försterei. „Deshalb muss man jetzt trotzdem nicht alles umkrempeln und neu erfinden“, sagte Coach Neuhaus am Freitag.

Sicher scheint: Das Konzept der kompakt stehenden Mannschaft, des Ballbesitzfußballs (Union hat hier die besten Werte in Liga Zwei) und des vor allem bei Standards gefährlichen Teams (11 von 39 Treffern fielen so) greift nicht. Auf dem Platz war das häufig zu sehen: Union schien nahezu immer überlegen – dass aber in entscheidenden Momenten spielerisch-kreative Lösungen gefunden wurden, war selten.

Dass Mittelfeldspieler Torsten Mattuschka torgefährlichster Mann und Top-Scorer ist, spricht zum einen nicht für die offensiveren Simon Terodde, Sören Brandy und Adam Nemec.Zum anderen ist damit aber auch ein eher statischer Spielertyp der Dreh- und Angelpunkt bei Union. Eine Stellenanzeige Unions könnte im Sommer etwa so aussehen: „Kreativer, dribbelstarker Lenker mit Spielwitz und eingebautem Marco Reus-Turbo gesucht“. Zwar hat man einige Kandidaten im Kader, die Potenzial in dieser Hinsicht haben – dauerhaft abrufen konnte diese Qualitäten aber niemand. Eine weitere Annonce könnte schlicht lauten „Knipser gesucht“. Denn die Offensiven wie Terodde (5 Treffer) und Brandy (8 Treffer) sind eher solider Durchschnitt im Abschluss. Bevor man Stellenanzeigen aufgibt, könnte man auch einfach schauen, wer aus der zweiten Mannschaft in das Profiteam beziehungsweise in die erste Elf rücken könnte. Denn Union II spielt (als derzeit Dritter) eine hervorragende Saison in der Regionalliga und ist das torgefährlichste Team dort (und die beste Mannschaft aus dem Berliner Raum vor Viktoria, dem Berliner AK, Babelsberg 03 und Hertha II).

Die Cottbusser, die heute zum Berlin-Brandenburg-Derby anreisen, mögen hingegen sagen: Welch Luxusprobleme! Die Lausitzer sind weiterhin Tabellenletzter und in akuter Abstiegsgefahr. Auch bei Cottbus hatte man die Saison schon fast abgehakt, denn Ende Februar stand man noch völlig abgeschlagen (13 Punkte Rückstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz) am Tabellenende. Seit Ex-Nationalspieler Jörg Böhme dann aber zum Cheftrainer wurde, läuft es deutlich besser: Zuletzt wurden drei von fünf Spielen gewonnen, es gibt wieder Hoffnung im südöstlichen Brandenburg. Vier Punkte Rückstand sind es auf den Relegationsrang.

Wie wichtig es für die Stadt Cottbus ist, dass dort Zweitligafußball gespielt wird, erklärt Böhme gegenüber der taz: „Man merkt schon, wie viel der Klub den Leuten hier bedeutet. Zuletzt kamen am Mittwochnachmittag um 17.30 Uhr gegen 1860 München über 10.000 Fans zum Spiel, das spricht für sich. Der Klub ist das Aushängeschild unserer Stadt.“

Für Böhmes Team ist es im nackten Überlebenskampf daher wohl nicht so entscheidend, dass nun ein Nachbarschaftsduell ansteht: „Es ist zwar ein Derby, aber an der Herangehensweise ändert sich nichts. Ich bin nur froh, dass wir endlich mal nicht sechs Stunden mit dem Bus fahren müssen“, sagt der 40-Jährige. Während man also bei Union mit der Aufbauarbeit für 2014/15 beginnt, steht bei Cottbus Existenzkampf an. In Liga Drei trat man in der Lausitz zuletzt vor 18 Jahren an – sollte sich dies wiederholen, wäre das ein herber Absturz für Energie.

JENS UTHOFF