ANGRIFF AUF DIE GUTE LAUNE
: Scheißsonne

694.000 Euro zuzüglich 7,14 Prozent des Preises als Provision

Meine Frau, mein kleiner Sohn und ich gehen spazieren. Es ist Sonntag und ungewöhnlich mild für Frühlingsanfang. Der halbe Prenzlauer Berg scheint auf den Beinen zu sein, die Terrassen der Cafés sind überfüllt, die Sonne scheint und die Menschen haben gute Laune.

Wir schlendern die Pappelallee entlang, bleiben vor einem frisch sanierten Altbau stehen und gehen aus reiner Neugierde in den Hof, um zu sehen, wie sie diesen gestaltet haben. Kaum dort angekommen, spricht uns eine elegante Frau an und fragt: „Sind Sie wegen der Wohnungsbesichtigung hier?“ Spontan antworte ich: „Ja, klar. Wir wollen uns die Wohnung anschauen.“ Meine Frau sieht mich fragend und dann mit einem verschmitzten Lächeln an. Die Maklerin, so um die 40, Jil-Sander-Business-Kostüm, rote High Heels, schickes Seidenhalstuch, bringt uns zum Aufzug. Wir fahren in den vierten Stock, sie öffnet die Wohnung: hohe Decken, zwei Bäder, zwei Balkone, fünf helle Zimmer, Ausblick auf die Dächer Berlins.

Ich bin beeindruckt. Mein Sohn flitzt freudestrahlend durch die leeren Zimmer. Die Maklerin sagt: „Echtholzparkett … Tiefgarage … Videogegensprechanlage … extravagante Edelstahl-Designer-Küche … bodentiefe Fenster, dreifach verglast … Fußbodenheizung.“

Kurz vor Ende der Besichtigung frage ich: „Sagen Sie, wie viel soll die Wohnung noch einmal kosten?“ Sie antwortet: „694.000 Euro, zuzüglich 7,14 Prozent des Kaufpreises als Maklerprovision.“ Ich sage, dass wir uns melden, und fahren ohne die Maklerin im Aufzug hinunter. Meine Frau sagt: „Immerhin sehen wir so aus, als ob wir Geld hätten.“ Ich antworte: „Ja, immerhin.“ Wir schweigen, durchqueren den Hof, die Sonne scheint immer noch. Und ich denke: Scheiß-Prenzlauer-Berg, Scheiß-SUVs, Scheißmakler, Scheißinvestoren, Scheißfußbodenheizung und Scheißsonne.

ALEM GRABOVAC