unterm strich
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Es ist eine Schmutzkampagne, keine Frage. In immer neuen Anläufen spielt das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die moralische Autorität, die sie Günter Grass vor ihrer Enthüllung seiner SS-Vergangenheit nie zugestehen wollte, nun gegen ihn aus. Immer neue Details aus seinem Leben lässt sie in Hinblick auf die zwei Monate präsentieren, die der 17-Jährige bei der Waffen-SS war – in seiner Eitelkeit und Selbstgerechtigkeit macht Grass es seinen Gegnern auch leicht.

Neueste Enthüllung: zwei Briefe, mit denen Grass während des Wahlkampfes 1969 dem damaligen Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) riet, sich in einer öffentlichen Äußerung „zu seinem Irrtum zu bekennen“, Mitglied der NSDAP gewesen zu sein, „ohne große Mea-culpa-Geste“. Stattdessen griff Schiller den Bundeskanzler Kiesinger (CDU) wegen dessen NS-Vergangenheit an. Auch er selbst, schreibt Grass, habe „derlei Verengungen gelegentlich“ an sich beobachtet. Grass war mit Schiller eng befreundet – eng genug, dass Grass 1965 bei Schiller anfragen ließ, ob er einen Steuernachlass von 30.000 Mark haben könne, weil er so viel Zeit dafür aufwende, sich um die Außendarstellung Berlins zu kümmern (siehe auch Kommentar Seite 11).