DER ARBEITSKAMPF DER EISENBAHNER IST POLITISCH. UND DAMIT ILLEGAL
: Ein Streik gegen uns alle

Um es kurz zu machen: Was Norbert Hansen und die Eisenbahn-Gewerkschafter da veranstalten, ist schlicht verfassungswidrig. Streiken, um eine politische Entscheidung zu beeinflussen, verbietet das Grundgesetz. Nichts anderes aber betreiben die Bahngewerkschafter mit ihren Warnstreiks – auch wenn die sich angeblich nur gegen ihren Arbeitgeber, die Deutsche Bahn AG, richten.

Halten wir fest: Im Bundestag streiten sich gerade die Koalitionspartner darüber, ob und wie das Schienennetz der Deutschen Bahn vom Mutterkonzern getrennt werden kann. Von Fachleuten wird das seit Jahren gefordert, um das Schienenmonopol der Bahn aufzubrechen und damit mehr Wettbewerb möglich zu machen.

Noch ist politisch keine Entscheidung gefallen. Die einen wollen den Bund als Eigner sehen, der die Bahn mit der Bewirtschaftung der Schienen beauftragt. Andere wollen die Bahn komplett an die Börse bringen, aber mit einem Rückholrecht des Bundes für das Schienennetz. Und zuletzt wartete Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee mit dem Vorschlag auf, den Bund nur juristisch als Eigner des Netzes zu führen. Wirtschaftlich solle für 20 Jahre weiter die Bahn das Sagen haben. Letzteres Modell präferieren Gewerkschaften und Bahnvorstand. Kein Wunder, würde doch damit der Status quo zementiert. Die Entscheidungsfindung ist schwierig. Gerade haben sich die Unterhändler auf Ende Oktober vertagt.

Dass sich Gewerkschafter in solche Prozesse einmischen, ist nicht verwerflich. Im Gegenteil. Doch Hansen geht weiter. Er will von Mehdorn Beschäftigungsgarantien für alle Bahnmitarbeiter, egal, was passiert. Kann er ja fordern. Nur: Was soll Mehdorn tun? Ihm eine Garantie geben, die das Papier nicht wert ist, auf der sie geschrieben steht? Das wäre Hansen zu wenig. Er will selbstredend Rechtsverbindlichkeit. Auch nachvollziehbar. Nur dass dafür im Fall Bahn die gewählten Abgeordneten im Bundestag zuständig sind. Hansen streikt also nicht gegen die Bahn. Mehdorn ist ja auf seiner Seite. Hansen streikt gegen uns alle. Dafür sollte jedes Verständnis fehlen. THORSTEN DENKLER