HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER
: Der Teddydalmatiner

Im Pik Ass ist er nicht mehr. Der Boss hat ihm unterstellt, Geld geklaut zu haben, da ist er gegangen. Nun wohnt er beim Michel, er hat da auch ein Dach, er wohnt da unter einem – wie sagt man – Balkon. „Ach, wie praktisch“, sage ich, da sei mein guter Freund auch gerade hingezogen, da träfe man sich ja dann häufiger. Und ich stelle mir vor, wie ich aus dem Fenster von dessen Wohnung dem obdachlosen Ungarn Toni zuwinken werde, ab und an werde ich ihm vielleicht sogar einen warmen Toast runterbringen oder eine Thermoskanne Tee.

„Für die nächsten Monate erstmal“, sagt Toni, ich stelle mir vor, dass ich dann vielleicht auch mal einen Eintopf oder einen Auflauf runter trage – wenn ich gerade die Treppen nicht zu abschreckend finde. Wobei, ich muss ja sowieso immer mit dem Hund raus. „Hier hast du noch einen Hund“, sagt Toni, wobei er mir einen gepunkteten Teddydalmatiner reicht, mit einem Schild vorne drauf: „I love you“. Toni ist Ungar, der weiß doch bestimmt gar nicht, was da überhaupt auf dem Hund drauf steht, so was haben die doch gar nicht gelernt im Ostblock.

Seine Augen sind sehr blau, blau genug, um vielleicht nach Australien auszuwandern oder Gedichte zu schreiben oder eine Mutter zu bezirzen oder auch eine andere Frau, er ist so alt wie ich. „Ich bin kein Penner,“ sagt er „ich bin Obdachloser, ich arbeite, ich arbeite, Penner arbeiten nicht, aber ich arbeite“, und er zeigt auf sein Hinz & Kunzt-Schild am Revers. Der Teddydalmatiner gefällt mir nicht, aber ich habe nicht den Mut, ihn zurückzugeben. Ich muss nur darauf achten, ihn nicht irgendwo zu entsorgen, wo er ihn vielleicht beim Pfandflaschensammeln finden könnte.