LESERINNENBRIEFE
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Vorauseilender Gehorsam

■ betr.: „Klimacamp im Hambacher Forst geräumt“ u. a, taz vom 28. 3. 14

Noch nie hat eine Landesregierung Kohlepolitik betrieben, ohne sich mit RWE abzustimmen. Aufgrund von Managementfehlern wird RWE 10.000 Stellen abbauen. Und die Landesregierung lässt die Abbaufläche des Tagebaus Garzweiler verkleinern, da Tagebaue unwirtschaftlich sind. Bei der Spitze der Stadtverwaltung Kerpen ist diese Nachricht wohl zu spät angekommen. Als würde die Umweltzerstörung im Tagebau Hambach weiter gehen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, boxte die Stadt Kerpen einen Räumungsantrag durch, damit mehrere Hundertschaften Polizei, die Besetzter des Hambacher Forstes vertreiben konnten. Dieser voreilende Gehorsam gegenüber RWE folgt einem alten Muster, wie wir es vielfach aus dem rheinischen Braunkohleklüngel kennen. RWE wird sich sicher erkenntlich zeigen, falls sich der politische Wind in Kerpen mal dreht und die Posten bei der Stadt Kerpen anders besetzt werden.

Inhaltlich ist den für kurze Zeit vertriebenen Besetzern des Hambacher Forstes nichts vorzuwerfen. Sie kommunizieren lediglich die Wahrheit, dass die Braunkohleverstromung ein Auslaufmodell ist, die machtpolitisch auf Kosten aller Steuerzahler und der Natur durchgesetzt wird. Und da die Besetzer alle objektiven Argumente auf ihrer Seite haben, ist eine Räumung des Hambacher Forstes falsch und verlogen. PETER INDEN, Windeck

Interessanter Lesestoff

■ betr.: „1914–1918: Was hier begann“, taz vom 28. 3. 14

Das Dossier zum Ersten Weltkrieg ist ganz ausgezeichnet! Nur beim Titelbild dürfte die Farbe der Uniformen etwas daneben liegen. Aber das war bei dem interessanten Lesestoff leicht zu verschmerzen. Vielen Dank. HARALD KREUZER

Unheilvolle Rolle der Kirchen fehlt

■ betr.: „1914–1918: Was hier begann“, taz vom 28. 3. 14

Vielen Dank für die vielen interessanten Beiträge. Einen wesentlichen Teil der Geschichte haben Sie allerdings unter den Tisch fallen lassen, nämlich die überhaupt nicht zu vernachlässigende unheilvolle Rolle, die die Kirchen vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg gespielt haben – womit die taz leider nicht allein dasteht.

Von all den kriegsverherrlichenden Predigten der evangelischen und katholischen Kirche, mit denen man locker noch zwölf weitere Seiten hätte füllen können, wurde noch nicht einmal ein kleine Auswahl gebracht, wie zum Beispiel der improvisierte Gottesdienst auf den Stufen des Reichstagsgebäudes am 2. August 1914, bei dem der Berliner Domprediger Bruno Doehring zu einer riesigen Menschenmenge sprach: „Wenn wir nicht (…) die Nähe Gottes empfänden, der unsere Fahnen entrollt und unserem Kaiser das Schwert zum Kreuzzug, zum heiligen Krieg in die Hand drückt, dann müssten wir zittern und zagen. Nun aber geben wir die trutzig kühne Antwort, die deutscheste von allen deutschen: ‚Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt!‘“

Was ist mit dem Telegram des bayerischen Geschäftsträgers beim Römischen Stuhl, Baron von Ritter, welches u. a. den unmissverständlichen Satz enthält: „Der Papst billigt ein scharfes Vorgehen Österreichs gegen Serbien.“ Friedenspolitik sieht anders aus, und von schlafwandlerischem Verhalten kann auch nicht die Rede sein; der Papst zumindest wusste, was er wollte.

Wenn sich Geschichte nicht wiederholen soll, muss sie mit all ihren Aspekten aufgearbeitet werden. Ein wesentlicher Aspekt ist sicherlich der, dass sich die Kirchen damals alles andere als christlich verhalten haben. RALF BÖHM, Berlin

Parallelen zur Gegenwart

■ betr.: „1914–1918: Was hier begann“, taz vom 28. 3. 14

Große Klasse, eure Artikelreihe zum Ersten Weltkrieg am Freitag. Vor allem die Parallelen zur Gegenwart!

JÖRN-UWE SCHULZ, Eberswalde

Größte menschliche Katastrophe

betr.: „Der Feind ist beim Maschinengewehr ein anderer“,taz vom 28. 3. 14

Ich bin bestürzt über das Interview von Stefan Reinecke mit Peter Berz über das MG 08/15. Da lasst Ihr jemanden in aller Ausführlichkeit über eine mörderische, Menschen zerfetzende Waffe oberschlau, technokratisch und fast waffenverliebt daherreden. Durch das gesamte Interview scheint das alte, idiotische Motto durch „Der Krieg sei der Vater aller Dinge“, welches den größte Schwachsinn aller Zeiten darstellt. Der Krieg stellt immer die größte menschliche Katastrophe dar. Man stelle sich vor, die technischen und vor allem die intellektuellen Fähigkeiten, die zu allen Zeiten in die Erfindung, Entwicklung und Weiterentwicklung von Waffen eingebracht wurden, wären in zivile, nutz- und arbeitsbringende Produkte eingeflossen: Wir bräuchten über Alternativen zu Atomkraftwerken, chemischen Kampfstoffen oder wirksame Medikamente gegen heute noch übermächtige Krankheiten nicht zu reden.

Was mir in dem gesamten Dossier fehlt, ist auch nur ein einziges Foto, ein einziger Text über das tatsächliche Verrecken von tausenden und abertausenden Menschen im Ersten Weltkrieg. Wo ist in der taz auch nur noch ein Hauch von einem selbstbewussten und zivil kämpferischen Pazifismus geblieben? WALTER MAUS, Saarbrücken