Eingreifen in Darfur umstritten

Hochrangige UN-Diplomaten kritisieren den Druck auf Sudans Regierung, eine UN-Blauhelmtruppe in Darfur zuzulassen. Zunächst wird die afrikanische Truppe aufgestockt

BERLIN taz ■ Angesichts der unverändert deutlichen Ablehnung einer UN-Blauhelmmission in Sudans Kriegsregion Darfur durch die sudanesische Regierung entsteht jetzt innerhalb der UNO offener Streit um den Sinn einer solchen Mission. Der UN-Sonderbeauftragte für Sudan, Jan Pronk, erklärte am Donnerstag in einem AP-Interview: „Die internationale Gemeinschaft sollte stattdessen darauf drängen, dass die Mission der Afrikanischen Union verlängert und verstärkt wird.“ Der britische UN-Vizegeneralsekretär Mark Malloch Brown nannte gestern gegenüber dem Independent die „Lautsprecherdiplomatie“ der USA und Großbritanniens gegenüber dem Sudan „kontraproduktiv“ und meinte: „Die Sudanesen wissen, dass wir keine Truppen haben, um gegen den Willen der Regierung Khartum einzumarschieren. Das käme einem Krieg mit Sudan gleich. Tony Blair und George Bush müssen über dieses Auftrumpfen hinwegkommen.“

Zivilgesellschaftliche Kampagnen in Großbritannien und den USA hatten in den letzten Wochen ihre Appelle an die beiden Regierungen verstärkt, eine Militärintervention gegen den andauernden „Völkermord“ in Darfur notfalls auch ohne Zustimmung Khartums zu erwägen. Die sudanesische Regierung in Khartum lehnt es strikt ab, dass andere ausländische Truppen als die der Afrikanischen Union (AU) nach Darfur kommen, obwohl der UN-Sicherheitsrat die Ausweitung der im Südsudan stationierten UN-Truppe auf Darfur beschlossen hat.

Der Streit gefährdet inzwischen die gesamten UN-Operationen im Sudan. Der UN-Sicherheitsrat verlängerte letzte Woche das Mandat für die UN-Truppe im Südsudan lediglich bis 8. Oktober. Sudans Regierung erklärte diese Woche, bei einem UN-Einmarsch in Darfur werde sie das Friedensabkommen für Südsudan aufkündigen, mit dem diesem Landesteil Anfang 2005 nach über 20 Jahren Krieg Autonomie gewährt worden war.

Zwischen den Zeilen bahnen sich allerdings Kompromisse an. Am 21. September hatte der AU-Sicherheitsrat beschlossen, das Mandat für seine Darfur-Truppe bis Jahresende zu verlängern. Danach wurde die Aufstockung der AU-Truppe von derzeit 7.000 auf 11.000 Mann beschlossen. Zudem sollen in einem ersten Schritt 105 UN-Mitarbeiter zu der AU-Truppe stoßen.

Aus Sicht der US-Regierung sowie internationaler Menschenrechtsgruppen sind solche Fortschritte nur möglich, wenn die scharfe Rhetorik gegen Khartum aufrechterhalten wird. US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte am Mittwoch, Sudan habe „die Wahl zwischen Kooperation und Konfrontation“. Dies wurde von Khartum als „Kriegserklärung“ zurückgewiesen. Die US-Republikaner stehen dabei unter Druck der afroamerikanischen Kongressabgeordneten, die meist zu den US-Demokraten gehören. Susan Rice, früher Afrika-Staatssekretärin unter Präsident Bill Clinton, sprach am Mittwoch von einem nahenden „Kosovo-Augenblick“ in Darfur: „Wenn uns das Retten von Menschenleben in Afrika genauso wichtig wäre wie in Europa, würden wir der sudanesischen Regierung ein Ultimatum stellen: Akzeptiert eine UN-Truppe, oder es gibt eine Militäraktion, vielleicht Luftangriffe wie im Kosovo.“ DOMINIC JOHNSON