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: Der geheimnisvolle … Langweiler

Demütigen Herzens“ werde er auf das Ergebnis der nächsten Probeabstimmung und der offiziellen Wahl zum UNO-Generalsekretär warten, erklärte Südkoreas Außenminister Ban Ki-Moon gestern in Seoul. Gerade war der 64-Jährige aus New York zurückgekehrt, wo er bei vorläufigen Abstimmungen über die Nachfolge Kofi Annans in den letzten Tagen dreimal klar vorne lag.

Diplomatisch bescheiden, mild, verbindlich und pragmatisch zugleich: So tritt der Karrierebeamte aus dem Seouler Außenministerium gern auf, und so haben ihn seine Kollegen in Asien und in der UNO in den letzten Jahren kennengelernt – unter anderem bei den zähen Verhandlungen über das nordkoreanische Atomprogramm in den so genannten „Sechsergesprächen“. Bei diesen heiklen Runden, die von Peking organisiert werden, versuchen die Chinesen zusammen mit Südkoreanern, Russen und Japanern, die USA und Nordkorea zu Kompromissen zu bewegen.

Bans diplomatische Karriere begann in den Siebzigerjahren, nachdem er in Seoul internationale Politik studiert hatte. Er erlebte, wie sich seine Heimat, die nach dem Koreakrieg (1950–53) völlig zerstört und bitterarm war, unter dem Schirm der USA zur mittlerweile elftstärksten Wirtschaftsmacht der Welt entwickelte.

„Unser Land ist im wahrsten Sinne des Wortes aus der Asche des Krieges auferstanden. Mit harter Arbeit, Überzeugung und Hilfe von Freunden und den Vereinten Nationen haben wir das erreicht. Jetzt sind wir bereit, unsere Schuld zurückzuzahlen“, begründete Ban im Frühjahr seine Kandidatur für den Spitzenposten der UNO.

Ban ist seit 2004 Minister für Handel und Außenpolitik. Früheren Präsidenten diente er als Sicherheitsberater und Minister, nachdem er in der UNO in New York und an Südkoreas Vertretungen in Indien und Washington stationiert war. Von 1998 bis 2000 war er Botschafter in Wien.

Im Seouler Außenamt gilt der Vater dreier Kinder, der 1985 in Harvard seinen Magister machte, als Kenner der USA und ihrer Außenpolitik – und als loyaler Diener der jeweiligen südkoreanischen Regierung. Allerdings: Eigene politische Ansichten oder gar Visionen lässt er selten erkennen. Höfliche Beobachter bezeichnen ihn deshalb gern als „geheimnisvollen Diplomaten“, weniger höfliche halten ihn für „langweilig“.

Sollte Ban Nachfolger Kofi Annans werden, will er als Chefdiplomat der Welt die Reform der UNO anpacken und sich zugleich für die Lösung regionaler Konflikte und globaler Probleme einsetzen. Außerdem wolle er eine „Brücke zwischen den Entwicklungsländern und den entwickelten Staaten schlagen“.JUTTA LIETSCH