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: Die Blumen des Bösen

Die deutsche Liga ist lau. Sie leidet offenkundig an einem Minderwertigkeitskomplex. Zu Recht?

Es gehört zu den Beschwörungsritualen hiesiger Trainer und Manager, die Bundesliga für eine europäische Spitzenstaffel zu halten. Sie sei konkurrenzfähig mit der Premier League, Primera Division und Serie A. Doch die bittere Wahrheit ist: Die deutsche Liga ist lau. Die Vereine krebsen über die internationale Bühne. Der Uefa-Cup ist unerreichbar, die Champions-League-Trophäe sowieso. Das Nationalteam muss erst von einem egomanen Sonderling aus Kalifornien auf Vordermann gebracht werden, damit was geht. In der Liga sind solche Kauze weit und breit nicht zu sehen, von Hans Meyer vielleicht einmal abgesehen – aber das ist eine andere Geschichte.

Das heißt also: von Erleuchtung oder Beseelung keine Spur. Das WM-Etikett klebt nicht mehr auf dem Produkt Bundesliga, falls es jemals darauf pappte. Alle Bundesligamacher sind schnell in den Alltag zurückgekehrt und haben sich dort irgendwie eingerichtet. Die Probleme sind sehr profan und längst nicht mehr von nationalem Belang: Es geht darum, wer wen warum verpetzt hat, wieso nicht genug Fans ins Stadion gehen und ob Manager X den Spieler Y hätte einkaufen sollen. Der Fußball ist zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt. Hier zu Lande bedeutet das: Man muss es nehmen, wie’s kommt. Eine andere Liga gibt’s nicht. Die dröge Kost geht runter, weil der Hunger auf Fußball nie gestillt ist. Oder anders: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Doch der Fan sehnt sich nach mehr.

Dafür muss er in die Ferne schweifen, nach England, Spanien, mitunter auch nach Italien. Wer so etwas sagt, wird gern von Managern der Bundesliga belehrt, die den fußballerischen Süden für einen Hort der Misswirtschaft und Korruption halten. Obendrein blühe auf den Fußballplatzen Madrids, Londons oder Mailands die Blume der Wettbewerbsverzerrung. Nur weil sie die Gesetze des soliden Witschaftens missachten und sich von Geldsäcken aus der Taiga alimentieren lassen, dominieren sie die Szene, heißt es. Aber liegt es nur daran? Oder warum wird das 1:1 der Bremer gegen Barcelona so gefeiert, als wäre es im Weserstadion zu einer Neuauflage der Steinschleuder-Attacke Davids auf Goliath gekommen? Warum begeht Bayern seinen 2:0-Sieg gegen Inter mit einer Pizza-Völlerei, die so zügellos ausgefallen sein muss, dass ihnen in Wolfsburg immer noch eine Pizzaecke aus dem Maul ragte? Und wieso hatte ein Experte namens Pyrrhus am Samstag den Schlachtplan für den deutschen Meister gezeichnet?

Die Liga leidet offenkundig an einem Minderwertigkeitskomplex. Motivation bezieht sie allein aus der Erkenntnis: Wir sind die Schwachen, die die Starken. Gelingt ein Sieg gegen die vermeintlichen Überteams, besäuft man sich gern am Erfolg – und torkelt dann wochenends durch die Liga. MARKUS VÖLKER