Darauf ein Gläschen Rotwein!

BAYERN Die Münchner „duseln“ sich in der Champions League von Sieg zu Sieg: 3:2 gegen Cluj

MÜNCHEN taz | Sorin Cartu hatte den Münchner Zuschauern ziemlich viel Spaß bereitet. In bester Trapattoni-Rumpelstilzchen-Manier war er 90 Minuten lang in der Coaching-Zone rumgeturnt, hatte wild mit Armen und Beinen gewirbelt und sich immer wieder vor den Kopf geschlagen. Als alles vorbei und die drei Punkte verschenkt waren, wurde der Trainer von CFR 1907 Cluj beinahe noch zum Philosophen: „Es ist sehr frustrierend, was sich heute hier zugetragen hat. Aber so ist nun mal der große Fußball. Das Glück ist immer aufseiten der Großen. Immer.“ Er hatte ja so recht: Das 3:2 des FC Bayern gegen den rumänischen Meister bedeutete für die Münchner zwar den dritten Sieg im dritten Champions-League-Spiel der Gruppe E, muss aber eindeutig der Kategorie Bayern-Dusel zugerechnet werden.

Wenn selbst der allzeit von der eigenen Unfehlbarkeit erfüllte Trainer Louis van Gaal einräumte, man habe heute Glück gehabt, weiß man, was die Stunde geschlagen hat. Er wisse zwar, was das sei, dieser Bayern-Dusel, aber: „In dieser Saison haben wir noch nicht so viel geduselt“, wortspielerte der Coach lächelnd. „Es war vielleicht das Umdrehpunkt im Glück. Darauf werde ich ein schönes Glas Rotwein trinken, wenn Sie mich lassen.“

Glücklicher Gomez

Van Gaals launische Analyse holperte sprachlich zwar ein wenig, traf aber den Kern: Von den fünf Treffern des Spiels gingen viereinhalb auf das Konto der netten Gäste aus Cluj – und ein halbes auf das des neuerdings als Tormaschine arbeitenden Mario Gomez. Gomez sagte treffend: „Wochenlang geht nichts und dann fallen die Tore von allein.“ Ihm war’s einerlei, wie das 3:1 fiel – Hauptsache, es fiel: „Ich bin froh, dass ich spielen darf und bin deswegen im Moment sehr glücklich.“ Und mit dem Glück einher geht das Selbstvertrauen, das mit jedem Eigentor der Rumänen wuchs.

Beim ersten abgefälschten Treffer verweigerte der Fast-Schütze Toni Kroos noch den Torjubel (32. Minute), Kollege Bastian Schweinsteiger zeigte beim zweiten Malheur der Gäste (37. Minute) keine Skrupel und reckte die Arme. Bayern-Präsident Uli Hoeneß frohlockte später: „Wenn man auf die Tabelle schaut, haben wir eine fantastische Ausgangsposition.“ In der Bundesliga sieht das anders aus. Obwohl: „Wenn wir in Hamburg gewinnen, sind wir wieder zurück“, meinte van Gaal. Ach ja? Und wenn Dortmund zu Hause gegen Hoffenheim gewinnt, wären es selbst bei einem Sieg der Bayern am Freitagabend beim HSV immer noch zehn Punkte Rückstand auf die Spitze.

Van Gaal war das an diesem Dusel-Abend ein bisschen egal. Das Erreichen des Achtelfinales ist so gut wie abgehakt. Ganz raus aus seinen Planungen ist dagegen Martin Demichelis. Obwohl wieder bei bester Gesundheit, musste er von der Bank aus Anatoli Timoschtschuk beim Innenverteidigen zusehen. Warum spielt Timoschtschuk dort, Herr van Gaal? „Er ist kein Innenverteidiger. Er ist Mittelfeldspieler.“ Ah ja. Und was ist mit Demichelis? „Er ist kein Mittelfeldspieler. Er ist Innenverteidiger. Aber jetzt macht er es gerade nicht so gut.“ Der Verdacht drängt sich auf, dass Demichelis zumindest in der Champions League nicht mehr das Bayern-Trikot tragen wird, um womöglich nach einem Wechsel in der Winterpause für einen neuen Arbeitgeber auch international spielen zu können.

THOMAS BECKER