Ungeregelte Daten

Keine Einigung über Weitergabe von Fluggastdaten zwischen EU und USA. Daten werden trotzdem geliefert

FREIBURG taz ■ Seit dem Wochenende findet die Übermittlung von Fluggastdaten an die USA in einer rechtlichen Grauzone statt. Verhandlungen zwischen der EU und den USA waren in Washington ohne Ergebnis geendet. Vermutlich werden die Lufthansa und andere Airlines die von den USA erwünschten Informationen dennoch weiterleiten. Bei einer Weigerung hat die US-Regierung mit Bußgeldern gedroht und könnte auch die Landerechte entziehen.

Die USA wollen mit den Daten vermeintliche Terroristen schon vor der Einreise in die USA identifizieren. Die Lufthansa liefert Angaben über ihre Fluggäste schon seit März 2003. Erst über ein Jahr später, im Mai 2004, schloss die EU ein Abkommen mit den USA, das die Datenlieferung regelt und leicht begrenzt. Maximal 34 Daten pro Fluggast – etwa Name, E-Mail-Adresse und Kreditkartennummer – durften übermittelt werden.

Im Mai 2006 erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Abkommen aber für ungültig und setzte für die Neuregelung eine Frist bis zum 30. September. Geklagt hatte das Europäische Parlament, das die Datenweitergabe für exzessiv hielt. Dazu sagte der EuGH freilich nichts. Er bemängelte nur, dass das Abkommen auf Vorschriften zum Binnenmarkt und nicht zur inneren Sicherheit gestützt wurde. Eine Neuregelung muss auf EU-Seite nun einstimmig (statt mit Mehrheit) beschlossen werden. Außerdem müssten noch alle 25 nationalen Parlamente zustimmen. Insofern war eigentlich klar, dass bis zum 1. Oktober kein verbindliches Abkommen vorliegen wird.

Der US-Heimatschutzminister Chertoff versuchte am Sonntag, die Öffentlichkeit zu beruhigen. Er habe bereits den Entwurf eines Abkommens unterzeichnet. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte jedoch, es habe noch keine Einigung gegeben. Am Donnerstag werden die EU-Justiz- und Innenminister über das weitere Verfahren entscheiden. Wenn der EU kein Abkommen gelingt, könnten einzelne Staaten den Datenschutz auch bilateral mit den USA regeln.

Mit dem Eingreifen von Datenschützern ist vorerst nicht zu rechnen. Für die Lufthansa ist die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol zuständig. Sie hatte bereits im Mai erklären lassen, dass sie keine Bußgelder gegen die Lufthansa verhängen wird, falls diese auch ohne Abkommen Daten an die USA liefert. „Erstmal soll die Politik versuchen, ein neues Abkommen auszuhandeln“, hieß es zur Begründung. CHRISTIAN RATH