Von wegen saubere Kohle

KLIMA Anders als behauptet ersetzen neue Kraftwerke keine alten CO2-Schleudern, zeigt eine Analyse des Öko-Instituts. Der Grund: Ineffiziente Meiler laufen wegen billiger Emissionszertifikate einfach weiter

BERLIN taz | Es ist ein altes Versprechen: Neue Kohlekraftwerke seien gut für das Klima, weil ihretwegen alte Anlagen geschlossen würden. „Es ist sinnvoll, schädliche Braun- und Steinkohlekraftwerke durch moderne effiziente Kohlekraftwerke zu ersetzen“, sagte 2012 der damalige Umweltminister Peter Altmaier (CDU). Auch Sozialdemokrat Sigmar Gabriel verteidigte neue Kohlemeiler, mit denen sich „bis zu 42 Millionen Tonnen CO2“ einsparen ließen.

Genau das Gegenteil ist der Fall, wie aktuelle Daten jetzt zeigen. Denn obwohl in den vergangenen zwei Jahren fünf neue Kohlemeiler eröffnet wurden, laufen die alten CO2-Schleudern einfach weiter. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Kurzanalyse des Öko-Instituts. Darin heißt es, auch 2013 seien die deutschen Emissionen trotz Boom der erneuerbaren Energien gestiegen. „Die Inbetriebnahme von neuen Kohleblöcken führte zu einem Emissionsanstieg“, schreibt das Öko-Institut, „gleichzeitig wurden nicht genug alte Kohlekraftwerke stillgelegt, um diesen Emissionsanstieg zu kompensieren.“ Der Grund: Alte und ineffiziente Meiler machen immer noch Geld, weil die Preise für Emissionszertifikate, die zum Ausstoß von Kohlendioxid berechtigen, am Boden sind.

Allein aus den 30 größten deutschen Kohlekraftwerken stiegen nach Zahlen des Umweltbundesamts 2013 5 Prozent oder 11 Millionen Tonnen mehr Klimagase als im Vorjahr – das ist etwa so viel, wie Guatemala oder Luxemburg freisetzen. Insgesamt bedeuten die 239 Millionen Tonnen aus diesen Schornsteinen ein Viertel aller deutschen Emissionen. Zu den größten Dreckschleudern gehört demnach das Braunkohlekraftwerk im sächsischen Boxberg. Dort eröffnete Vattenfall gerade einen neuen Block, ohne einen alten abzuschalten. Das Ergebnis: 21 Prozent mehr Kohlendioxid.

BERNHARD PÖTTER