Auf Powersparkurs

AUS HAMBURG SVEN-MICHAEL VEIT

Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS hat seiner Tochter Airbus einen rigorosen Sparkurs verordnet. Fünf Milliarden Euro soll der Flugzeugbauer in den nächs- ten drei Jahren einsparen, ab 2010 liegt die Zielmarke bei weiteren mindestens zwei Milliarden Euro jährlich. Das sind die Kernpunkte des Sanierungsprogramms „Power 08“, das der Verwaltungsrat von EADS am Dienstagabend beschlossen hat. Bis gestern Mittag brach der EADS-Kurs an den Börsen um etwa 10 Prozent ein.

Das Sparprogramm werde „nicht ohne den Abbau von Arbeitsplätzen abgehen“, räumte Airbus-Chef Christian Streiff ein. Er will „im Dialog mit den Gewerkschaften klären“, wie viele Jobs in den 17 Standorten in Europa entfallen.

Zudem gab Airbus „weitere Verzögerungen“ bei der Auslieferung des weltgrößten Passagierflugzeugs A 380 um ein weiteres Jahr bekannt. Der Termin war bereits um sechs Monate auf November diesen Jahres verschoben worden. Grund für den neuen Verzug sei „der unterschätzte Arbeitsaufwand“ bei der Verkabelung des doppelstöckigen Riesenjets. Der erste A 380 soll nun im Oktober 2007 an Singapore Airlines ausgeliefert werden.

Die Fluggesellschaft erklärte daraufhin, nun zunächst 19 Boeing 777-300 kaufen zu wollen. Die zehn georderten A 380 würden aber nicht storniert. Airbus werde eine Entschädigung für die Verzögerung zahlen, deren Höhe aber „vertraulich“ bleibe. Auch die Lufthansa, Air France, Emirate Airlines (Dubai) und die australische Qantas reagierten „enttäuscht“ auf die Lieferprobleme bei Airbus. Sie wollen nun „andere Optionen prüfen“ und Schadenersatz fordern. Bislang sei aber, so Streiff, „noch kein Kunde abgesprungen“.

Über eine Neuverteilung von Produktionsanteilen am A 380 traf der EADS-Verwaltungsrat hingegen keine Entscheidung. Der doppelstöckige Riesenjet wird in Toulouse und Hamburg montiert. Die Hansestadt hat bisher 650 Millionen Euro ausgegeben, um Flächen für die Erweiterung des Airbus-Werks bereitzustellen. Zurzeit wird an der Elbe für weitere 85 Millionen Euro aus der Stadtkasse die Start- und Landebahn für den Riesenjet erneut verlängert.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) forderte den Flugzeugbauer gestern auf, bei den anstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen sicherzustellen, dass diese nicht auf Kosten der Arbeitsplätze in der Bundesrepublik gehen. „Das europäische Gleichgewicht im Konzern bei der Wertschöpfung und den vorhandenen Arbeitsplätzen darf nicht zu Lasten Deutschlands verschoben werden“, erklärte er in Berlin. Deutschland hat die Entwicklung des Großraumjets mit milliardenschweren Darlehen und Staatsgarantien gefördert. Am heutigen Donnerstag wird Streiff zu einem Krisentreffen bei Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erwartet.

Wirtschaftspolitiker im Bundestag warnten EADS bereits davor, Produktionskapazitäten für den A 380 von Deutschland nach Frankreich zu verlagern. „Eine solche Verlegung könnte die deutsche Politik nicht widerstandslos hinnehmen“, so Laurenz Meyer (CDU). Der Sozialdemokrat Rainer Wend erklärte: „Wir müssen Airbus sehr offensiv klarmachen, wie es von Deutschland profitiert – und dass das nicht gottgegeben ist.“

Matthias Berninger (Grüne) regte die Rückforderung staatlicher Finanzierungshilfen an. „Das Unternehmen sollte bei fairer Arbeitsteilung bleiben, statt Probleme durch Missmanagement beim A 380 auf Hamburg abzuwälzen.“ Er empfahl der Stadt zu prüfen, ob sie EADS ihre erheblichen Vorleistungen in Rechnung stellen könne.

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sieht allerdings „keinen Grund zu Hysterie“, ließ er gestern durch seinen Sprecher mitteilen. Nach „langjähriger vertrauensvoller Zusammenarbeit“ habe der Regierungschef „keinen Anlass, an der Verlässlichkeit von Airbus zu zweifeln“.