Karriere-Kick im Morgengrauen

Markus Müller, neuer Leiter des Oldenburgischen Staatstheaters, ist mit 33 Jahren der wohl jüngste Intendant der Republik. Sein steiler Aufstieg begann vor neuen Jahren in Mannheim, wo er bisher still, aber effektiv die Fäden des kulturellen Lebens zog

Im Lebensweg des neue Intendanten des Oldenburgischen Staatstheaters gibt es nur wenig Zeit zur Selbstbesinnung: Michael Müller studierte die brotlosen Künste nur im Nebenfach, Hauptfach Betriebswirtschaftslehre, schon während des Studiums Regisseur und Öffentlichkeitsarbeiter am Bamberger Theater. Mit gerade 24 Jahren wird er persönlicher Referent des Generalintendanten am Mannheimer Nationaltheater und vier Jahre später stellvertretender Generalintendant.

Seit Beginn der Spielzeit 2006/07 ist der 33-Jährige jüngster Intendant Deutschlands am kleinsten Staatstheater der Republik in Oldenburg. „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, erklärt er selbst seine steile Karriere. In Mannheim, erzählt Müller, hatte er damals nur vorbeigeschaut, um ein lange überfälliges Versprechen einzulösen. Eigentlich war er auf dem Sprung zu einem Engagement in Berlin. Doch am nächsten Morgen um sieben, nach einer durchdiskutierten Nacht, waren die Weichen anders gestellt. Vier Tage später begann Markus Müller als rechte Hand des Generalintendanten Ulrich Schwab.

In Mannheim wunderte man sich über diese buchstäblich über Nacht neu geschaffene Position, von der aus Müller nie öffentlich, sondern stets still, aber effektiv agierte. Künstlerisch sei er nie in Erscheinung getreten. Doch wird ihm bescheinigt, für das Theater viel bewegt zu haben. Zudem habe er bei Schwab gelernt, den Sponsoren das Geld nur so aus der Tasche zu ziehen, sagt Müller.

Das Blubbern der Gerüchteküche scheint stets Hintergrundgeräusch seiner Laufbahn zu sein. In Oldenburg wurde er rundheraus gefragt, ob die Ministerialdirigentin seine Tante sei. Er sei der Neffe des Intendanten, raunte man in Mannheim, oder vielleicht der Freund seiner Tochter. Auf derartigen Tratsch angesprochen, lässt der Mann für einen Moment Verletzlichkeit durchscheinen, der sonst Fragen zu seiner Person gerne in Fragen über seine Arbeit wendet.

Für Oldenburg hat sich Müller Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. Die alte Exerzierhalle am Pferdemarkt, in deren Backsteinmauern jetzt noch Designermöbel zum Verkauf stehen, wird zur neuen Spielstätte umgestaltet. Hier soll das Publikum um die Dreißig in der Mehrheit sein.

Aus Mannheim importiert Müller daher das Projekt „enter“, das Schülern unabhängig vom Bildungsstand regelmäßige Theaterbesuche mit der Klasse und Blicke hinter die Kulissen ermöglicht.

Importiert, mokiert man sich in Mannheim, sei ziemlich vieles, was die Oldenburger erwartet. Cole Porters „Anything goes“ und John Adams „The Death of Klinghofer“, Horváths „Kasimir und Karoline“, Büchners „Leonce und Lena“ sowie „King A“, ein Ritterspektakel für Kinder – all das war auch schon in Mannheim zu sehen. Unter seinen neuen Mitarbeitern indes erntet Müller Lob dafür, dass er keinen Kahlschlag im Oldenburger Ensemble veranstaltet hat, sondern als guter Teamarbeiter vorhandene Potenziale nutzt.

Menschen zusammenzubringen, sieht Müller selbst als seine große Stärke – offenbar ganz zu Recht. In Mannheim irritiert, dass Müller sich nie öffentlich aus seiner Funktion als künstlerischer Leiter des 2007 anstehenden Stadtjubiläums zurückgezogen hat. „Alle Verträge wurden im Juni gelöst“, versichert Müller und verspricht, sich ganz auf Oldenburg zu konzentrieren. Die organisatorische Festival-Leitung übernimmt der Ko-Intendant, sagt die Pressesprecherin Ulrike Hacker. Doch werde Müller das Event im Ehrenamt inhaltlich weiter begleiten.

Die Lücke, die Markus Müller am Nationaltheater Mannheim gerissen hat, müssen jetzt dreieinhalb Kräfte füllen, weiß er zu berichten: ein Künstler, ein Kaufmann und gar ein Bauingenieur. ANNEDORE BEELTE