Kita ist kein Allheilmittel

betr.: „Kulturrevolution im Gluckenland“, taz vom 29. 9. 06

Ihre zahlreichen Artikel über Familienpolitik sind für mich als Vater dreier Söhne und als selbstständiger Nervenarzt und Psychotherapeut in Teilzeit immer wieder Grund zu Kopfschütteln. Warum werten Sie die Eltern, die sich aus voller Überzeugung und Freude tagsüber ihren Kindern zuwenden, so sehr ab? Sind Sie neidisch? Oder haben Sie einfach nicht verstanden, dass eine Kita kein Allheilmittel ist? Sie suggerieren aufs Neue, dass angestrebte Beziehungsstabilität in Institutionen (mit teilweiser hoher Personalfluktuation) die Kleinkinder gleichermaßen stärkt wie familiäre Bindung.

Ich würde Sie gerne in meiner Praxis Mäuschen spielen lassen, wenn ich biografische Anamnesen erhebe und sehr häufig das Funkeln in den Augen der Menschen sehe, die mit Zufriedenheit schildern, dass die Eltern im Alltag für sie da gewesen sind. Sie lassen eines außer Acht: Es ist wunderschön, tagsüber Zeit mit den eigenen Kindern verbringen zu können, die noch frischen Berichte aus Kindergarten und Grundschule beim Mittagessen zu hören und selber Wärme und Geborgenheit zu geben. Diese Freude mit „Gluckentum“ zu verwechseln, ist geradezu dumm. STEFAN ERDMANN, Hilden