REPUBLIKANER GEHÖREN ABGEWÄHLT – DOCH NICHT WEGEN SEX-AFFÄRE
: US-Skandalmaschine auf Hochtouren

Kein Zweifel: Die US-Republikaner haben ein Problem. Der Skandal um den zurückgetretenen Abgeordneten Mark Foley, der jahrelang Schülerpraktikanten im Kongress sexuell belästigte, beschäftigt die Öffentlichkeit. Er zieht die Integrität der republikanischen Führung in Zweifel und kann zu weiteren Rücktritten führen. So etwas will keine Partei der Welt erleben – schon gar nicht knapp fünf Wochen vor einer wichtigen Wahl.

Jetzt läuft die Skandalmaschinerie: Die Demokraten und viele Republikaner verlangen den Kopf des republikanischen Fraktionschefs Dennis Hastert. Medien und die Late Night Comedies überschlagen sich. Die in allen Skandalen gleiche Frage, wer wann was wusste, entscheidet über politische Karrieren, und alle Welt spekuliert, wie viele Sitze im Kongress die Affäre die Republikaner kosten könnte. Wäre der Täter Demokrat gewesen, würde unter umgekehrten politischen Vorzeichen genau das Gleiche passieren.

Es wäre nur gut und gesund, wenn die Republikaner ihre jahrelange Mehrheit im Kongress in diesem November verlören. Sollte allerdings der Foley-Affäre dabei eine zentrale Rolle zukommen, stimmt das schon wieder traurig. Als ob es keine besseren Gründe gäbe! Und schlimmer noch: Teile der christlich-konservativen Basis versuchen bereits, die Empörung über Foleys Fehlverhalten in ein generelles Misstrauen gegenüber Schwulen in öffentlichen Ämtern zu verwandeln. Nix gelernt oder mal wieder genau die falschen Schlüsse gezogen – auch das ein Grund, warum die Republikaner endlich die Mehrheit verlieren sollten.

Allerdings ist bei weitem nicht klar, dass die Foley-Affäre die Wahl tastsächlich zugunsten der Demokraten entscheidet. Wenn nicht wirklich gewichtige Neuigkeiten über Lügen republikanischer Spitzenleute ans Licht kommen, dürfte auch dieser Skandal sich recht schnell im parlamentarischen Kleinkrieg verlieren, so wie zuletzt die politisch viel bedeutsamere Affäre um die Enthüllung der Identität der CIA-Agentin Valerie Plame. An so etwas verliert die Öffentlichkeit sehr schnell das Interesse. BERND PICKERT