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: Türkei: Autorin angeklagt

Justiz macht Ipek Calislar den Prozess, weil sie den Republikgründer Atatürk beleidigt haben soll

ISTANBUL dpa ■ In der Türkei ist erneut eine Schriftstellerin wegen „Beleidigung“ angeklagt: Der Autorin Ipek Calislar drohen vier Jahre Haft, weil sie den Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk in einer Biografie über seine Frau Latife Hanim als „Angsthasen“ dargestellt haben soll. Da Calislar gestern nicht zur ersten Anhörung erschien, vertagte sich das Gericht auf den 19. Dezember.

In der Biografie beschreibt die Autorin einen Anschlag, dem Atatürk entgangen sein soll, weil er auf Anraten von Latife Hanim mit einem Schleier, als Frau verkleidet, aus dem Präsidentenpalast geflüchtet sei. „Historiker mögen über das Thema streiten“, verteidigte sich die Autorin. Dass das historische Ereignis zum Gegenstand eines Prozesses gemacht werde, sei äußerst bedauerlich.

Mitangeklagt ist Necdet Tatlican als Redakteur von Hürriyet, die den Bestseller Anfang Juni vorstellte. Zum Schutz des Andenkens Atatürks gibt es in der Türkei ein Gesetz, nach dem Verunglimpfungen des Staatsgründers mit Gefängnisstrafen geahndet werden können.

Erst im September war die türkische Schriftstellerin Elif Safak vom Vorwurf der „Herabwürdigung des Türkentums“ freigesprochen worden. Unter derselben Anklage war auch ein Verfahren gegen den Romancier Orhan Pamuk eröffnet worden, das Anfang des Jahres eingestellt worden war. Die EU hat derartige Prozesse gegen Journalisten und Schriftsteller als Einschränkung der Meinungsfreiheit in der Türkei scharf kritisiert und fordert, dass die Regierung in Ankara den Paragrafen „Beleidigung des Türkentums“ streicht. Innerhalb der Regierung gibt es allerdings heftigen Streit über die Änderung des Gesetzes.