Europa sucht Wege aus der Zypern-Falle

Die Lage im Streit um die Mittelmeerinsel ist verfahren wie selten. Angela Merkel könnte den Konflikt noch erben

BERLIN taz ■ Die Blockade scheint unauflösbar: Bei den Gesprächen um eine EU-Mitgliedschaft der Türkei besteht Brüssel auf der Öffnung türkischer Häfen und Flughäfen für zyperngriechische Schiffe und Flugzeuge. Diese im Ankara-Protokoll festgeschriebene Verpflichtung wird mit einer indirekten Anerkennung der Republik Zypern durch die Türkei gleichgesetzt.

Ankara verlangt im Gegenzug, dass Europa sein Versprechen direkter Handelsbeziehungen mit dem zyperntürkischen Norden der Insel einlöst. Das aber scheitert am Widerstand der griechischen Zyprioten im Süden.

Dabei sollte der Streit um Zypern ursprünglich ganz im Gegenteil als Türöffner für die Europäisierung der Türkei dienen. Die EU wollte die wiedervereinte Insel im Jahre 2004 in die Gemeinschaft aufnehmen. Doch weil die griechische Seite zum Entsetzen des damaligen Erweiterungskommissars Verheugen den UN-Plan für einen gemeinsamen Staat ablehnte, durften nur die griechischen Zyprioten Mitglied werden. Seitdem pocht die Republik Zypern auf einen Abzug der türkischen Truppen aus dem Norden. Und die international isolierten Zyperntürken verlangen direkte Beziehungen zur EU. Doch ausgerechnet das EU-Mitglied Griechisch-Zypern verhindert die nun.

Finnland, das derzeit die europäische Ratspräsidentschaft innehat, bemüht sich um einen Kompromiss in letzter Minute. Die Finnen bieten ein kompliziertes Dreiecksgeschäft an: Die Zyperntürken erhalten die versprochenen direkten Handelsbeziehungen – aber nur über ihren Hafen in Famagusta, der unter EU-Aufsicht gestellt werden wird. Die griechische Seite soll mit der Rückgabe von Varoscha abgefunden werden. Die Stadt an der innerzyprischen Demarkationslinie wurde 1974 im Zypernkrieg von türkischen Truppen besetzt und dient seitdem als Faustpfand.

Der Türkei bietet Finnland an, dass diese nicht alle, sondern nur einen Teil ihrer Häfen und Flughäfen für Zypern öffnen muss. Damit könnte Premier Erdogan innenpolitisch argumentieren, man habe Zypern gar nicht anerkannt, sondern lediglich einem Kompromiss in Zollfragen zugestimmt.

Ob das Angebot eine Chance hat, hängt nicht zuletzt davon ab, ob Merkel ihr politisches Gewicht einsetzt. Die Kanzlerin hat einen guten Grund: Scheitern die Türkei-Verhandlungen an Zypern, muss sie die Scherben aufsammeln: Als Nächstes ist Berlin mit der europäischen Ratspräsidentschaft an der Reihe. KLAUS
HILLENBRAND