Existenzsichernder Lohn nicht für alle

8,50 EURO In der vergangenen Woche berichtete die taz über das Ringen der Großen Koalition um den Mindestlohn. Eva Völpel kommentierte den Kabinettsentwurf zu den Ausnahmen auf taz.de: Die unterste Lohngrenze wird immer löchriger

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

Hatte irgendwer etwas anderes erwartet? Übrigens enttäuscht es mich schon, dass bei der taz scheinbar niemand auf die Idee kommt, Mindestlöhne als Konzept grundsätzlich zu hinterfragen. Diese sind an sich genauso sinnlos bzw. kontraproduktiv wie der Handel mit Emissionszertifikaten – das eine ist Sozialkosmetik, das andere eine umweltpolitische Alibiveranstaltung, beides in hohem Maße missbrauchbar, um die Diskussion über wirkliche Verbesserungsmöglichkeiten zu verhindern.

ERIC MANNESSCHMIDT, taz.de

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

Es ist nicht nur Dilettantismus, sondern es ist im Kern wohl gar nicht erwünscht. Aber: Die CDU ist der stärkere Teil der Regierung und die Union will sich wirtschaftsnah verkaufen. Da haben sie wohl keinen Mut gehabt, hier eine echte Lösung zu liefern. Aber: Selbst bei einer stringenteren Lösung wäre es immer noch auf die konkrete Durchsetzung angekommen. Das Gesetz zur Scheinselbständigkeit z. B. ist daran gescheitert, dass es niemand wirklich durchsetzen will. So hätte es auch kommen können, jetzt bleibt man sogar dahinter zurück. Tja, SPD und die Agenda 2010 – man wird diesen Mist offenbar nie mehr los. ANDREAS_2020, taz.de

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

Der Fortschritt ist eine Schnecke und es ist leider so, dass es oft nur mit Kompromissen schrittweise vorwärts geht, aber die Richtung sollte grundsätzlich schon stimmen. Die Ausnahme für unter 18-Jährige ist noch nachvollziehbar, das Herausnehmen der „Langzeitarbeitslosen“ lässt vom allgemeinen Mindestlohn aber tatsächlich nur noch wenig übrig. Was ist eigentlich mit dem CDU Arbeitnehmerflügel, was mit Kolping und Co.? Warum lassen diese Herrschaften, die im direkten Gespräch fast immer für einen Mindestlohn ohne Ausnahmen sind, die wankelmütige SPD allein mit einem rotzfrechen CDU Wirtschaftsflügel im Regen stehn?

Aber ich will nicht ablenken: da scheint sich wohl ein weiteres schlimmes Versagen der SPD anzukündigen. WAAGE69, taz.de

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

Ich kann Eva Völpel nur voll zustimmen. Im Ergebnis ist das kein Mindestlohn, sondern ein Ausbau der staatlich geförderten Möglichkeiten des Lohndumpings, wie wir es schon von der Agenda 2010 kennen. Die SPD hat nichts dazugelernt und erweist sich einmal mehr als Partei der gesellschaftlichen Spaltung. Das ist mehr als nur „arbeitsmarktpolitischer Dilettantismus“, das trägt eindeutig Züge organisierter Kriminalität.

Die SPD wollte den Mindestlohn tatsächlich nie und Frau Nahles hat nun alles dafür getan, stattdessen eine Mogelpackung zu präsentieren, die nur scheitern kann. Wer sich schon immer gefragt hat, was denn nun eigentlich die Ziele dieser Großen Koalition sind, erhält jetzt die Antwort. Die CDU verhindert die Energiewende so gut sie kann und die SPD verhindert eine solidarische und gerechte Gesellschaft zugunsten eines nahezu unüberwindbaren Klassensystems. Teile und herrsche und dabei den Kopf immer schön tief im Arsch der „Wirtschaft“. Also, business as usual! RAINER B. taz.de

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

Ich schau’s mit Freude an, wie die GroKo das Projekt „Mindesteinkommen“ vergeigt, denn das geplante Mindesteinkommen steht einer etwaigen Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens entgegen, weil es einer Entkopplung von Arbeit und Einkommen entgegensteht und den Status quo eher noch festigt.

*MEINUNG*, taz.de

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

Danke für diesen Kommentar, sehr passend wie ich finde.

Die Frage ist berechtigt, ob es ein Wirtschaftszweig wert ist zu überleben, der es schafft seinen Aktionären und Managern große Gewinne auszuschütten, aber auf der Ausbeutung seiner Arbeiter fußt, denen er nicht einmal 8,50 Euro pro Stunde bezahlen (kann/will) … Und diesen Unternehmen wird damit nun auch noch entgegen gekommen …

Aber was will man von einer CDU geführten Regierung unter Mithilfe der „nach Agenda SPD“ erwarten? Richtig, nichts anderes!

MANUEL, taz.de

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

So, so … Langzeitarbeitslose werden ausgeschlossen. Na prima. Als gesellschaftsuntauglicher Unternehmer verweigere ich also Arbeitssuchenden den existenziellen Lohn, warte ab bis sie sich in ihrer Not bei der SGB II melden (müssen) und setze dann darauf, dass sie früher oder später zu chinesischen Wanderarbeiterlöhnen den gleichen Job machen.

STIFTCHRONIST, taz.de

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

Der Mindestlohn bringt sowieso gar nix. Er greift maximal in die Verhandlungsfreiheit ein zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. In keinem Land mit einem Mindestlohn ist der Gyni-Koeffizient verbessert worden.

Der Staat hat die Möglichkeit, die Löhne zu heben, indem er die Nachfrage nach Arbeit steigert oder eben das Angebot an Arbeit verknappt. Das heißt, zum einen höhere Sozialleistungen und vor allen Dingen mehr Gerechtigkeit gegenüber denen, die bereits gearbeitet haben und entsprechende Leistungen erbracht haben. Durch die Hartz-Reformen haben nicht nur langjährige Beschäftigte trotz jahrzehntelangem Einzahlen in die Arbeitslosenversicherung keinen echten Anspruch mehr auf ausreichend Geld, mit dem sie sich selbst wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern könnten, sondern auch die Möglichkeiten der Erwerbsunfähigkeitsrenten ist extrem eingeschränkt worden. Irgendetwas zu machen, was mehr Gerechtigkeit für die Arbeitnehmer bringen würde, ist nicht das Ziel dieser Koalition. Der Mindestlohn ist ein geschickt in die Öffentlichkeit gebrachtes PR-Argument, dass nur wenigen helfen wird. Egal, wer davon ausgenommen ist oder nicht.

ÅGE KRÜGER, taz.de

■ betr.: „Nur dilettantisch“,taz.de vom 2. 4. 14

Deutschland benötigt weiterhin eine Debatte über den Wert und die Wertschätzung von Arbeit. Lediglich der Gesetzgeber kann in diesem Land regulativ eingreifen. Denn: Streikende Piloten verhindern den Luftverkehr (und CO2 Ausstoß!) – streikende Pflegekräfte können aufgrund ihrer sozialen Verantwortung gegenüber den Patienten keinen Streik führen. Wer setzt sich für diese Gruppe Arbeitnehmer ein? IP, taz.de