LESERINNENBRIEFE
:

Nicht genug hingeschaut

■ betr.: „Herzlichen Glückwunsch, deutsches Bildungssystem“, taz vom 23./24. 10. 10

Der eigentliche Skandal an Ihrem Titelbild sind doch nicht die vielen angestrichenen Fehler, sondern die zahlreichen vom Lehrer (?) übersehenen. Wie im Artikel über Inklusion nachzulesen, wird (bei bestimmten Kindern?) schon früh einfach nicht genau genug hingeschaut. Wieso sollen sich dann Kinder, die eh zahlreiche Probleme mit sich rumschleppen, die Mühe machen, alle Regeln der deutschen Orthografie einzuhalten? Es scheint ja doch niemanden wirklich zu interessieren, was sie gelernt haben oder eben nicht. MARGIT WOLTER, Hannover

Wichtiges gelernt

■ betr.: „Herzlichen Glückwunsch, deutsches Bildungssystem“, taz vom 23./24. 10. 10

Da hat es die taz mit ihrem Aufmacher den Bildungspolitikern aber mal wieder gegeben! Guckt mal! So viele Orthografiefehler macht ein Hauptschüler mit Migrationshintergrund in der 9. Klasse! Furchtbar! Als zeitweiliger DDR-Deutschlehrer in den 70/80er Jahren an einer 10-Klassen-Schule, die von allen deutschen Kindern, außer denen mit Förderbedarf, besucht wurde, hätte ich in dem Text einen Schüler erkannt, der sehr wohl in 9 Jahren Wichtiges in der schwierigen deutschen Sprache gelernt hat. Das richtige „ß“, „ie“, im Wesentlichen die Großschreibung, sind allein schon eine Leistung! Wenn man langsamer diktiert hätte, stelle ich mir vor, hätte man auch weniger anderes Falschgeschriebenes gefunden, und das bei einem 15-Jährigen aus einer vermutlich bildungsfernen Immigrantenfamilie, die zu Hause das grammatisch vom Deutschen sehr unterschiedliche Türkisch spricht! JOACHIM LANGE, Rostock

Entmündigt von „Lebensschützer“

■ betr.: „Überlegt euch vorher, was ihr tut“, taz vom 23./24. 10. 10

Wieso erhält so ein verheuchelter christlich-ultradogmatischer „Lebensschützer“ Raum in der taz, um seine eingeschränkte Black/White-Weltsicht darzustellen? Natürlich ist Präimplantationsdiagnostik ethisch eine sehr schwierige Frage, aber jede/r sollte die Möglichkeit haben, individuell für sich zu entscheiden, anstatt von Lohmann und Konsorten entmündigt zu werden bei einer ureigenen Privatangelegenheit, die unmittelbar ihre Lebensqualität betrifft. SANDRA SCHILL, Altensteig

Einflussfaktor Kapitalismus

■ betr.: „Die unvollendete Säkularisierung“, taz vom 21. 10. 10

Jetzt melden sich also die Atheisten zu Wort (ich bin im Übrigen auch einer) und wollen ihren Anteil und ihre Position in der Gesellschaft verdeutlichen. Dabei wird in der Regel versucht, aus einer möglichst intellektuellen und total aufgeklärten Position zu argumentieren. Vermeintliche Errungenschaften westlicher Philosophie kombiniert mit den entsprechenden dicken Namen westlicher Philosophen werden zitiert. So versucht jeder in diesem Diskurs seinen Anteil geltend zu machen und dies den Andersgläubigen zu verdeutlichen. Letzten Endes alles eine Diskussion der Macht, wer in unserer Gesellschaft wie viel Einfluss hatte und haben wird. Dabei ist die Komplexität unserer Gesellschaftsstruktur wahrscheinlich so vielschichtig, dass sie gar nicht detailliert erfassbar ist. Wer kurz nachdenkt, dem müssten zig andere Einflussfaktoren außerhalb von Religionen und Aufklärung einfallen. Ein einfaches Beispiel für einen massiv prägenden Faktor der letzten Jahrzehnte wäre der Kapitalismus. Es sollte einfach als Tatsache betrachtet werden, dass alle Menschen, die in unserem Land leben, dieses auch mitgestalten (dürfen!). PETER HEIL, Kiel

Nur 32 Prozent für die CDU

■ betr.: „Union steigt erstmals wieder etwas“, taz v. 23./24. 10. 10

Die CDU legt in der Sonntagsfrage um 6 Prozentpunkte zu und kommt auf 36 Prozent der Wählerstimmen, schreibt ihr. Leider ist die taz wie vielleicht auch andere Tageszeitungen dem ZDF auf den Leim gegangen. Die Angaben auf der Internetseite des Fernsehsenders decken sich nicht mit dem, was Theo Koll im Politbarometer am Freitagabend verkündet hat. Dort verbessert sich die CDU nur leicht auf 32 Prozent. Ist das jetzt nur ein dummer Fehler der ZDF-Online-Redaktion oder ein bewusster Versuch, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. HARTMUT GRAF, Hamburg