„Du kannst das!“

In Europa wird über den Stand der Vorbereitungen für die Fußball-WM 2010 in Südafrika gelästert – dort ist man Belehrungen aus dem Norden leid und verweist auf bereits angestoßene Maßnahmen

AUS Johannesburg martina schwikowski

Wie ein halber Fußball soll die Glaskuppel in den nächsten Tagen auf das gemauerte Fünfeck des Repräsentantenhauses des südafrikanischen Fußballverbandes (Safa) im Township Soweto nahe Johannesburg aufgelegt werden. Damit wären die Bauarbeiten an dem Bürogebäude, in dem auch Abgesandte des Weltfußballverbandes (Fifa) auf die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika hinarbeiten werden, abgeschlossen. In Blicknähe liegt Soccer City, das Stadion, in dem Eröffnungs- und Endspiel der WM stattfinden werden. Dort muss noch einiges getan werden. Bislang sind nur Vorarbeiten für den geplanten Ausbau geleistet worden. Mit knapp 100.000 Plätzen wird Soccer City zum größten Stadion des Kontinents ausgebaut.

Lloyd Tuffney, Jugendtrainer des Witwatersrand-Fußballclubs in Johannesburg, hofft, dort mit seinen Kickern den Anpfiff der ersten afrikanischen WM feiern zu können. „Sie sind alle begeistert und wollen von den internationalen Stars was lernen“, sagt er. Die meisten Spieler im Klub kommen aus den umliegenden Townships und wissen oft nicht, wie sie die Anreise zum Training finanzieren können. Ganz zu schweigen von Eintrittskarten für die WM. „Da wird sich eine Lösung finden“, ist der Trainer zuversichtlich. Die Vorfreude auf das Weltereignis übersteigt in Südafrika alle Sorgen – auch die über zeitliche Verzögerungen.

Dennis Mumble, Manager von Soccer City, hatte gehofft, dass mit dem Umbau des Stadions bis Ende Oktober begonnen wird. Doch Danny Jordaan, Chef des südafrikanischen Organisationskomitees, kündigte in dieser Woche an: Die Stadien können erst mit Jahresbeginn modernisiert und neu gebaut werden. War bisher von sechs Milliarden Rand (6 Mio Euro) für die Finanzierung der Stadien die Rede, wird jetzt mit Kosten von über acht Milliarden Rand gerechnet: 7,5 Milliarden für Bauarbeiten, rund 600 Millionen für Sicherheitsvorkehrungen rund um die Arenen und knapp 200 Millionen Rand für Übertragungseinrichtungen.

In Südafrika lösen die entstandenen Verzögerungen wenig Besorgnis aus: Fünf Stadien werden bis Dezember 2008 fertig sein, die anderen fünf bis 2010, versichert das Komitee. Neu gebaut werden Spielstätten in Kapstadt, Durban (jeweils 70.000 Plätze), Nelspruit, Polokwane und Port Elisabeth. Renoviert wird im Ellis Park Stadium in Johannesburg, Loftus Versfeld in Pretoria, in Bloemfontein und Rustenberg. In Soccer City soll im Juni 2009 das Endspiel des Confederations Cups stattfinden, des Testturniers für das große WM-Spektakel ein Jahr später.

„Überall haben Vorarbeiten begonnen, auch Ausbauten an Flughäfen sind im Gange – wir wissen auch nicht, warum Zweifel in deutschen Medien angeklungen sind“, sagt Tumi Makgabo, Sprecherin der Organisatoren. „Wir warten auf den Beschluss im Parlament, das notwendige Geld freizugeben, dann können wir beginnen.“ Das ist für den 24. Oktober geplant, wenn der neue Haushaltsplan vorgestellt wird. Stichtag auch für Fifa-Boss Sepp Blatter, der dann in Südafrika erwartet wird. Er will auch im Parlament für die WM werben. Blatter hatte vor wenigen Wochen Unmut über mangelnde Fortschritte bei den Bauarbeiten am Kap geäußert. Doch bei der Fifa in Zürich will man von den Bedenken des Präsidenten nichts wissen: „Wir sind nicht unzufrieden mit dem Stand der Dinge“, sagt Fifa-Sprecher Markus Siegler.

„Die staatlichen Garantien sind alle unterschrieben, die Rahmenbedingungen stehen.“ Alles weitere sei eine innerafrikanische Sache, meint er. Eine gewisse Negativität gegenüber den Kapazitäten des Ausrichterlandes sei nichts anderes als „Arroganz der nördlichen Halbkugel“. Der Glaube, „die können nichts“, sei verbreitet. Aber in Deutschland seien auch Stadien auf die letzte Minute fertig geworden.

Jüngst hat ein Treffen zwischen Irvin Khosa, dem Vorsitzenden des südafrikanischen Organisationskomitees, und Urs Linsi, dem Fifa-Generalsekretär, gegeben. Kurz darauf ist DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt laut Fifa zu Linsis „verlängertem Arm“ und Berater für Südafrika ernannt worden. Linsi bezeichnete anfängliche Startschwierigkeiten als normal bei WM-Vorbereitungen. Blatter meinte, man solle an die „Psychologie des Afrikaners“ denken und ihn nicht bemuttern, sondern mitziehen und sagen: „Du kannst das!“ Horst R. Schmidt mache das ganz undeutsch und großartig.

Südafrikaner sind es eher leid, ständig aus dem Ausland mit Vorurteilen konfrontiert zu werden. „Wir können das schon“, sagt Trainer Tuffney. Infrastrukturelle Probleme sind schon angegangen worden. Zubringerstraßen nach Soweto sind längst im Bau, zusätzliche Bus- und Taxi-Netze geplant, um die Zuschauer nach Soccer City zu befördern. Es geht aber auch darum, Südafrikas öffentliches Verkehrssystem auf lange Sicht zu verbessern.