Immun gegen Reizpunkte

UMBRUCH Bayer Leverkusen entlässt Teamchef Sami Hyypiä und will nun einen Kader mit einer anderen Mentalität aufbauen

„Natürlich habe ich mir gedacht, dass so etwas passieren kann“

SAMI HYYPIÄ

LEVERKUSEN taz | Die Rote Karte als Leverkusener Teamchef nahm Sami Hyypiä seinem Naturell entsprechend hin. Gefasst, mit viel Realitätssinn und – dem bedeckten Himmel zum Trotz – Sonnenbrille vor den Augen kehrte der stoische Finne der BayArena am Samstagnachmittag den Rücken. „Im Fußball geht es um Ergebnisse. Und wenn die Ergebnisse nicht da sind, muss der Verein reagieren. Und natürlich habe ich mir gedacht, dass so etwas passieren könnte“, kommentierte der frühere Innenverteidiger seine Entlassung nach zwei Jahren auf Bayers Trainerbank.

Übernommen hatte der 40-jährige Skandinavier die Nachfolge von Robin Dutt im April 2012 – damals noch im Doppelpack mit Sascha Lewandowski, der den böse festgefahrenen Bayer-Kahn nun als klubinterner Rettungssanitäter auf die Schnelle wieder flottmachen soll. Fünf Spiele bleiben dem gebürtigen Dortmunder nun, um das akut gefährdete Saisonziel – erneute Qualifikation für die Champions League – zu sichern.

Hyypiä hat zuletzt keine Antwort auf die beängstigende Formschwäche seiner Spieler gefunden. Aber es lag nicht nur an ihm. Keeper Bernd Leno, in den letzten Wochen der einzig kontinuierlich Aufrechte im Bayer-Ensemble, klagte zum Beispiel jüngst, die Mannschaft habe den Trainer im Stich gelassen. Und Hyypiä selbst meinte vor dem 1:2 in Hamburg bereits etwas kraftlos: „Ich habe hier fast zwei Jahre lang Reizpunkte gesetzt.“

Allerdings – das stand zwischen den Zeilen – in einem verhätschelten Team, das gegen Reizpunkte über die Jahre hinweg weitgehend resistent geworden ist. Leverkusen fehlt es an der Widerstandskraft, unvermeidliche Tiefs wie das aktuelle nicht ausufern zu lassen. Diesen wieder einmal verschüttet gegangenen Willen ganz fix freizulegen, ist nun die zentrale Aufgabe von Lewandowski. Ein verlängertes Engagement über die Saison hinaus ist aber selbst im Erfolgsfall unwahrscheinlich.

„Die Entscheidung mit Sascha Lewandowski gibt uns die Freiheit, im Sommer einen Trainer zu verpflichten, der uns dann auch mal für viele Jahre zur Verfügung steht“, macht Sportdirektor Rudi Völler deutlich – und bekennt: „Wir haben es ehrlicherweise in den vergangenen zehn Jahren nicht geschafft, eine gewisse Kontinuität auf der Trainerposition zu erreichen.“

Das dauerhafte Glück mit dem leitenden Bank-Angestellten soll den Rheinländern ab Sommer offenkundig Markus Weinzierl bescheren. Der 39-Jährige hat den unscheinbaren FC Augsburg in Blickweite zum internationalen Geschäft geführt. Zudem kursieren die Namen des langjährigen Werder-Übungsleiters Thomas Schaaf und des Noch-Frankfurt-Coaches Armin Veh. Bereits beschlossene Sache ist, dass Sportchef Völler und Geschäftsführer Michael Schade den Leverkusener Kader nach dieser Saison ordentlich ausmisten wollen. Völler räumte aber ein, dass auch die Klubführung dafür Verantwortung trägt: „Wir haben Fehler gemacht, wir müssen Dinge besser machen.“ Und dabei gilt das Leitmotto: „Wir werden die Mentalität verändern.“ ANDREAS MORBACH