Halbzeitbilanz nach einem Jahr

EIGENLOB Schwarz-Gelb in Kiel demonstriert Einigkeit, will aber keine neuen Projekte mehr anpacken

„Will keiner zur Jahresbilanz fragen?“, erkundigte sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen. Aber nein: Bei der gestrigen Pressekonferenz in Kiel interessierte vor allem das Schicksal des Noch-HSH-Chef Jens Dirk Nonnenmacher.

Dabei hatten Carstensen, sein Stellvertreter Heiner Garg (FDP) und die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen, Christian von Boetticher (CDU) und Wolfgang Kubicki (FDP) viele gute Nachrichten im Gepäck: Die Stimmung ist nach einem Jahr an der Regierung bestens, die Männerfreundschaften sind gewachsen, der Konsolidierungskurs liegt an und wird gehalten. „Wir haben Proteste ertragen, wir sind ausgebuht worden, aber im Dezember wird die Mehrheit stehen“, versicherte Carstensen: Dann geht es um die Verabschiedung des Doppelhaushaltes.

Die Berichte der Viererrunde fielen so ausführlich aus, dass es schon nach Halbzeitbilanz klang – nicht unmöglich, da es bereits 2011 zu Neuwahlen kommen könnte. Das Urteil, das die Legislaturperiode auf spätestens Ende 2012 begrenzt, sei „nicht unerwartet, aber betrüblich“ gewesen, so Kubicki. Die Schlussfolgerung: „Wir müssen die Schlagzahl erhöhen.“

Neue Projekte wird die Regierung aber nicht mehr anpacken, sondern versuchen, die bisher eingeleiteten umzusetzen. Neben dem Haushalt zählt dazu eine umstrittene Schulgesetzänderung, die unter anderem die Grenzen zwischen Regional- und Gemeinschaftsschulen aufweicht und an Gymnasien Abitur nach acht oder neun Jahren erlaubt. Außerdem sollen die Zusammenarbeit mit Hamburg verbessert und Behörden zusammengeschlossen werden.

Garg betonte, das Land mache sich fit für den demografischen Wandel. Klar bekannte sich von Boetticher, „die neue Hoffnung der CDU“, wie Kubicki ihn nannte, zur Fehmarnbelt-Querung. Der „Lerneffekt aus Stuttgart“ sei, dass die Regierung „den Dialog mit der Bevölkerung führen wird, ohne vom Ziel des Großprojektes abzuweichen“.

Schlechte Noten gab es von der Opposition: Chaos, heiße Luft, ein verlorenes Jahr, lautete die Kritik. ESTHER GEISSLINGER