UNGLAUBLICHES ANGEBOT: Die Hauptrolle
An einem verregneten Mittwoch lag in meinem Briefkasten ein schier unglaubliches Angebot in Form eines Briefes. „Liebe Frau Bollwahn“, las ich auf einer aufklappbaren Karte, die wie eine Filmrolle gestaltet war. „War es als Kind schon immer Ihr Traum, einmal in einem Film die Hauptrolle zu spielen?“ Diesen Traum hatte ich nie, mein Leben in der DDR war mir Film genug. Der Abspann läuft quasi noch heute.
Trotzdem war mein Interesse geweckt, weil ich vor wenigen Jahren immerhin einmal Handdouble in dem Stauffenberg-Film war, den Tom Cruise in Berlin gedreht hat. Also las ich weiter. „Zu erleben, wie es ist, wenn sich alles um Sie dreht? Das könnten Sie haben.“ Ich trug das Schreiben die 72 Stufen zu meiner Wohnung in der vierten Etage hoch. Mit jeder Stufe hatte ich das Gefühl, die Karriereleiter ein Stückchen höher zu klettern. Kaum hatte ich Platz genommen, nahm meine Filmkarriere geradezu erschreckende Ausmaße an. „Ihnen zu Ehren widmen wir jetzt sogar einen Film.“
Es war später Mittag und noch ein bisschen früh für einen Schnaps. Ich versuchte, dieses unerwartete Angebot ohne Alkohol zu verarbeiten. Wie sonst üblich ging es nicht mit Kleingedrucktem weiter, sondern mit in die Augen springenden fetten schwarzen Lettern: „Und so werden Sie zum Star in Ihrem eigenen Film.“ Die Scheinwerfer in meinem Kopf gingen erst aus, als die Buchstaben dann doch kleiner wurden. Ich sollte mich unter www.galeria-hauptrolle.de einloggen.
Selbst dran schuld, dachte ich, wenn man Payback-Kunde ist. „Sie wollen einmal einen Abend in der Galeria Kaufhof filmreif shoppen?“ Nun wurde ich aufgefordert, an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Dann würde mein Traum Wirklichkeit werden – und ich könnte einen „oscarreifen Einkauf“ im Wert von 5.000 Euro gewinnen. Für solche Nebenrollen bin ich nicht zu haben. BARBARA BOLLWAHN
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