Nachruf
: Poet von Wald, Wiese und Wüste

Am Freitag starb der Tierfilmer Heinz Sielmann im Alter von 89 Jahren

Liest man die Titel seiner frühen Filme, könnten diese glatt von Walt Disney stammen. „Quick – das Eichhörnchen“ von 1953 zum Beispiel oder „Konzert am Tümpel“ aus demselben Jahr. In der Tat inszenierte Heinz Sielmann die Welt der Tiere zumeist entlang des Erwartungs- und Erfahrungshorizonts des Menschen. Spechte waren eben die „Zimmerleute des Waldes“, und die Galápagos-Inseln („Landung in Eden“) ein biblisches Paradies.

Solche Bilder brachten ihm den Vorwurf einer permanenten Possierlichkeit ein. Vor allem aber brachten sie ihm ein Millionenpublikum. Ein Publikum, das Heinz Sielmann liebte – und mit ihm und durch ihn die Tiere. Sielmann, der versierte Kameramann und studierte Biologe, begriff sich zeitlebens auch als ein Erzähler, eine Poesie des Waldes, der Wiese, der Wüste, auch das war sein Anliegen.

1917 in Rheydt im Rheinland geboren, wuchs Heinz Sielmann im heutigen Kaliningrad auf. Bereits als Jugendlicher hielt er Vorträge am zoologischen Institut. Entlang der ostpreußischen Küstenlandschaft entstand 1938 auch „Vögel über Haff und Wiesen“, der erste von mehr als 200 Tierfilmen, die Sielmann drehte. 1954 wurde die BBC auf seinen Film „Zimmerleute des Waldes“ aufmerksam – was Heinz Sielmann mehr als nur den Spitznamen „Mr. Woodpecker“ einbrachte. Fortan wurden alle seine Filme von der BBC übernommen. 1957 entstand mit „Herrscher des Urwalds“, einer Langzeitdokumentation über Berggorillas im Kongo, Sielmanns international erfolgreichster, in 27 Sprachen synchronisierter Film.

Im kollektivem Gedächtnis der westdeutschen Medienlandschaft verankerte sich Sielmann aber vor allem durch seine „Expeditionen ins Tierreich“. Von 1965 bis 1991 lief die Sendung in der ARD. Dass aber Quotendruck auch vor dem Tierfilm nicht Halt machen sollte, musste Sielmann 1991 erfahren. Unter großer medialer Aufmerksamkeit von der ARD zu RTL Plus gewechselt, setzte der Privatsender „Sielmann 2000“ nach nur zehn Folgen ab. Mit dem „Heinz-Sielmann-Report“ (Sat.1, 1995) kehrt der Mann, der längst auch zu einer Marke für Natur- und Tierschutz geworden war, nur noch einmal auf die Mattscheibe zurück.

Stattdessen sorgte Sielmann für sein 2002 eröffnetes „Natur-Erlebniszentrum“ Gut Herbigshausen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Ausgerechnet den ehemaligen Todesstreifen konservierte er auf einer Länge von acht Kilometern als Biotop für bedrohte Arten. Via Webcam lassen sich auf der Homepage die Bahnen des Seeadlers verfolgen. Heinz Sielmann starb am Freitag in seinem 90. Lebensjahr. Clemens Niedenthal