Wo hört das auf?

LIEDERMACHER Premiere im Admiralspalast: Rainald Grebe und sein Orchester der Versöhnung

„Aller Anfang ist schwer, ein neues Bundesland muss her“

Rainald Grebe

Sie haben ihn fett gemacht und nach oben gebracht, sie sind Hymnen geworden, die jeder mitsingen kann: Die Oden an Brandenburg und Thüringen. Doch Rainald Grebe weiß nicht weiter: „Aller Anfang ist schwer, ein neues Bundesland muss her.“ So jedenfalls begann er gestern die Premiere seiner neuen Show mit dem Orchester der Versöhnung. Sicher, Grebe hat auch „Dörte“ und „Dreißigjährige Pärchen“ und viele andere tolle Dinger gedreht, aber alle, die im vollen Saal des Admiralpalasts sitzen, warten auf das neue Bundesland. Und sie kriegen es kurz vor der Pause: „Willkommen im Land der Frühaufsteher. Sachsen-Anhalt. Wo fängt das an und vor allem wo hört das auf? Und was haben die eigentlich für eine scheiß Werbeagentur?“

Nach neuen Ratschlägen wie „Rohe Eier im kalten Wasser bleiben schön roh“ kommt ein weiterer neuer Song. Obwohl der Premiere hat, kreischt eine Gruppe von Frauen im Publikum, als Grebe nur den Titel nennt: „Prenzlauer Berg“. Und schallend lachen die Frauen dann wahrscheinlich über sich selbst, wenn Grebe singt: „Wäre Hertha BSC ein Yoga-Verein, hier wär alles blau-weiß. Da steht das gute Leben vor dem Kühlregal“ und mit dem Schlachtruf „Ho-Ho-Holzspielzeug“ endet.

Das ist es, was man von Grebe hören will, auch wenn er deutlich zu verstehen gibt, dass er lieber auch mal was ganz anderes singen würde, sagen wir über den Mittwoch. Über den Dienstag nämlich hat er schon ein sehr schönes Lied in seinem neuen Programm. Das allerdings kommt beim größten Teil des Publikums nicht so gut an. Es fehlen die Kalauer und der Lokalbezug. Leider muss man sagen, dass das Beste aus seinem neuen Programm letztlich in Variationen alter Songs bestehen. Das ist nicht nur die Neue-Bundesländer-Reihe, das ist auch „Prenzlauer Berg“, das er schon mit „Castingallee“ thematisierte und „Das 20. Jahrhundert“, das arg an „Die Neunziger Jahre“ erinnert.

Immerhin, Rainald Grebe hat einen neuen Kontinent entdeckt: Afrika. Seinen letzten Urlaub hat er in Tansania verbracht und war beim „Elfenbeinküster“ essen. Von dort hat er Touristengespräche mit Einheimischen mitgebracht: „Germany! Yes! Goood!“ und Kostüme für seine Bandmitglieder.

Ansonten war Grebe in letzter Zeit wohl Fischen gewesen und hat daraus einen fast zehnminütigen Fischerblues gemacht. Doch allzu viel passiert beim Angeln nicht, weswegen auch die schönste Zeile lautet: „Über mir groovt die Fledermaus: ‚ganz schön Stillstand in the house‘ “. Als Zugabe singt Grebe „Die Neunziger Jahre“ mit der Zeile: „Wir meinten alles ironisch, auch die Ironie“. Ob Grebe also wirklich nicht mehr viel einfällt? Egal, wir haben trotzdem gelacht. Das Büfett der Aftershowparty war im Übrigen ziemlich schnell abgeräumt. Klar, es waren auch recht viele Brandenburger unter den Gästen, die noch was zu Essen einpacken mussten.

DORIS AKRAP, ELKE ECKERT

■ bis 7. November täglich außer Montag, 20 Uhr, Admiralspalast