RICHARD ROTHER ÜBER RYANAIRS STREICHUNG VON FLÜGEN
: Durchsichtiges Flugmanöver

Die irische Billigfluglinie Ryanair macht sich zunehmend unbeliebt. Als im Frühjahr wegen der Vulkanaschewolke aus Island Chaos auf den europäischen Flughäfen herrschte, fiel das Unternehmen durch – gelinde gesagt – Vernachlässigung seiner Kunden auf; in Italien verhängten die Behörden sogar eine Strafe. Und jetzt versucht die Fluggesellschaft, die – wie alle anderen auch – steuerfrei tanken kann, Bundesregierung und Bundestag zu erpressen. Wegen der geplanten Luftverkehrsabgabe würden Flüge von Frankfurt-Hahn gestrichen, hieß es; anderswo sei dies im Gespräche. Ein durchsichtiges Manöver.

Denn ob die Abgabe die Ursache für die Streichung ist, bleibt unklar. Immerhin kündigte Konkurrent Air Berlin an, ohne diese auszukommen – trotz der Luftverkehrsabgabe von mindestens acht Euro pro Passagier. Gut möglich ist also, dass Ryanair die Abgabe nur als Vorwand für die Streichungen nutzt, um im laufenden Gesetzgebungsverfahren Druck zu machen. Dafür sprechen jedenfalls einige der gestrichenen Verbindungen. Zum Beispiel die von Frankfurt-Hahn nach Berlin: Wer von Frankfurt nach Berlin will, ist mit der Bahn viel schneller, als wenn er den Umweg über den Billigflughafen im Hunsrück nimmt. Und bei anderen Verbindungen könnte es sein, dass die Konkurrenz zu groß ist, etwa Hahn–Agadir. Oder dass die Nachfrage fehlt, etwa von Hahn nach Klagenfurt, Breslau oder Göteborg.

Ob Ryanair poltert oder nicht: Die geplante Luftverkehrsabgabe ist sinnvoll; sie beteiligt den wachsenden Flugverkehr wenigstens zu einem geringen Teil an den Kosten, die er durch Luftverschmutzung und Lärm verursacht. Und wenn tatsächlich das eine oder andere Flugzeug am Boden bliebe, wäre es nicht schade. Im Gegenteil.

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