Weiße Flecken auf der Landkarte

„Flüchtlinge ihrer Rechte beraubt“: Proteste gegen Kürzungen bei der Migrantenberatung in Schleswig-Holstein

Ralf Stegner (SPD) mag das Problem nicht erkennen. „Die Beratung von Migranten bleibt in Schleswig-Holstein auf einem hohen Niveau“, bemühte sich der Innenminister gestern, die Kritik zu entkräften. Zwar habe seine Behörde die Mittel in diesem Jahr um 16 Prozent auf 1,8 Millionen Euro kürzen müssen. Doch „wo tatsächlich Bedarf“ sei, da helfe „das Land“. Insgesamt würden, so teilte das Ministerium mit, von bislang 42 Stellen der Migrationsberatung acht gestrichen. Heute wird das Thema im Kieler Landtag verhandelt.

Der Grund für die ministerielle Erklärungsnot: Am Vormittag hatten gut 150 Flüchtlinge und etliche Vertreter der Beratungsträger gegen die „Rotstiftpolitik“ bei der Migrantenberatung protestiert und der Behörde 1.800 Unterschriften gegen die Streichungen übergeben. „Bei der Beratung wird es weiße Löcher auf der Landkarte geben“, begründet der Martin Link vom schleswig-holsteinischen Flüchtlingsrat die Proteste. Viele Flüchtlinge könnten deshalb „ihre wenigen Rechte faktisch nicht mehr wahrnehmen“.

So helfen die Beratungsstellen den Migranten beim Ausfüllen von ALG II-Formularen, bei der Vorbereitung ihrer aufenthaltsrechtlichen Verfahren oder auch bei der Vorbereitung von Anträgen für die Härtefallkommission. „Allein können die meisten Flüchtlinge diese komplizierten Verfahren nicht meistern“, klagt Link, „und für teure Anwälte fehlt ihnen das Geld.“

Besonders schlimm ist nach Auffassung des Flüchtlingsrates die Situation in Lübeck, wo die Anzahl der bei verschiedenen Trägern angesiedelten Arbeitsstellen für die Migrationssozialberatung von 5,75 auf 1,25 zusammengestrichen werde. Das Lübecker Flüchtlingsforum erhalte künftig überhaupt keine Förderung mehr. „In Lübeck waren wir bislang überversorgt“, sagt dagegen Behörden-Sprecher Thomas Giebeler.

Immerhin: Als erste konkrete Reaktion auf den gestrigen Protest sicherte der Leiter der Ausländerabteilung des Kieler Innenministeriums, Norbert Scharbach, der Caritas und der Diakonie weitere Gespräche über die Kürzungen zu. MAC