Kranke Lehrer werden ausgezählt

Die Schulen können auf mehr Personal hoffen: Für dauerkranke Pädagogen sollen Vertretungen eingestellt werden. Möglich macht dies eine neue Berechnung. So soll weniger Unterricht ausfallen

von Alke Wierth

Schulen sollen offenbar zukünftig besser als bisher mit Lehrpersonal ausgestattet werden. Dies drang aus den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und PDS an die Öffentlichkeit.

Während derzeit von der Schulverwaltung langfristig erkrankte PädagogInnen zu den aktiven LehrerInnen gezählt werden, sollen sie demnächst aus der Statistik herausgerechnet werden. Schulen hätten damit bessere Chancen auf ausreichend Unterrichtsstunden.

Für viele Schulen besteht die ausreichende Versorgung mit LehrerInnen bislang nur auf dem Papier. Zwar strebt die Schulverwaltung eine 105-prozentige Ausstattung aller Schulen mit Lehrerstunden an. Doch reichen oft schon zwei dauerhaft erkrankte KollegInnen, damit für die veranschlagten Unterrichtsstunden nicht genügend Personal zur Verfügung zu steht. Als „dauerhaft erkrankt“ gelten Lehrkräfte, wenn sie mehr als drei Monate ohne Unterbrechung krankgeschrieben sind. In Berlin sind das fast 4 Prozent der LehrerInnen. Da sie weiterhin Bezüge bekommen, bleiben sie in der Statistik als aktive Lehrkräfte erhalten.

Die hohe Zahl langfristig erkrankter Lehrkräfte erklärt sich die Schulverwaltung vor allem mit dem hohen Durchschnittsalter der LehrerInnen. Mehr als 60 Prozent waren im vergangenen Schuljahr über 50 Jahre alt. Konkrete Erkenntnisse über die Krankheitsursachen oder darüber, ob bestimmte Schulformen stärker als andere vom Lehrerausfall betroffen sind, liegen der Bildungsverwaltung nicht vor, sagt der Sprecher des Schulsenators, Kenneth Frisse.

Zu den aus den Koalitionsverhandlungen nach außen gedrungenen Plänen will er nichts sagen. Es sei die „bekannte Position“ von Schulsenator Klaus Böger (SPD), dass „die Schulen mehr Handlungsspielraum brauchen, um rasch für Vertretungsunterricht sorgen zu können“. Kommentieren werde der Senator laufende Koalitionsverhandlungen jedoch nicht.

Auch die an den Verhandlungen direkt Beteiligten halten sich bedeckt. Es sei „keine clevere Verhandlungstaktik“, Teilergebnisse bekannt zu machen, so die neue PDS-Fraktionsvorsitzende Carola Bluhm. Sie vertritt in den Koalitionsverhandlungen die Vorstellungen ihrer Partei in Sachen Bildung. Auch Marc Schulte, der für die SPD in der AG Bildung der Koalitionsgespräche sitzt, hält es für einen Fehler, bereits zum derzeitigen Stand der Verhandlungen öffentlich über Inhalte zu reden: „Das sind ja nur Zwischenstände“, so Schulte. Man liefe damit Gefahr, „unterschiedliche Modelle zu zerreden“.

Unklar bleibt deshalb zunächst, wie der zusätzliche Bedarf an LehrerInnen, der durch das Herausfallen der dauerhaft Erkrankten aus der Statistik entstünde, gedeckt werden soll. Möglich wäre zum einen die Einstellung zusätzlicher Lehrer durch den Senat. Diskutiert wird aber auch, den Schulen statt zusätzlicher Lehrer eigene Etats zur Verfügung zu stellen, mit denen sie Vertretungen für ausgefallene Lehrkräfte selbst einstellen könnten. Einen entsprechenden Vorschlag hatte die PDS bereits zum Ende des vergangenen Schuljahres gemacht. Sozialdemokrat Schulte hält „beide Lösungen für denkbar“.

Die Opposition begrüßt die Pläne. „Das wurde auch Zeit“, sagt Mieke Senftleben, schulpolitische Sprecherin der FDP. Jetzt müsse „noch das Problem der Ermäßigungsstunden gelöst werden“. Denn auch Schulleiter und andere Lehrkräfte, die aus verschiedenen Gründen nicht voll zum Unterrichten zur Verfügung stünden, würden als Vollzeitkräfte in die Statistik eingerechnet.