Nur nette Nebeneffekte

VIDEOÜBERWACHUNG Eine Wirksamkeitsanalyse der Innenbehörde belegt, dass das Filmen von Kiezbesuchern keine abschreckende Wirkung für Straftaten hat, denn Körperverletzungen haben zugenommen

Das Ziel ist kräftig verfehlt worden. Seit der Einführung der Videoüberwachung auf der Reeperbahn im März 2006 sind die Gewalttaten auf dem Kiez um ein Drittel gestiegen.

Das musste Innensenator Heino Vahldieck (CDU) am Donnerstag bei der Präsentation der Wirksamkeitsanalyse im Innenausschuss einräumen. „Die Hoffnung, dass sich Gewalttäter von der Videoüberwachung abschrecken lassen, hat sich gerade bei Alkoholisierten nicht erfüllt“, gestand Vahldieck ein. Dennoch möchte der Innensenator an der umstrittenen Überwachung am „kriminalgeografischen Schwerpunkt“ durch ferngesteuerte Videoaugen festhalten.

Bei der Installation der zwölf Videokameras hatte der damalige Innensenator Udo Nagel (parteilos) das großes Versprechen gegeben, dass durch diese präventive Maßnahme aufgrund der Abschreckung die Zahl der Körperverletzungen drastisch sinken würde.

Dafür ist eigens ein Passus in das Polizeigesetz zur Datenverarbeitung eingearbeitet worden. Denn nach Polizeirecht dürfen solche technischen Geräte nur zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden. Regelungen zum Einsatz technischer Hilfsmittel zur Strafverfolgung obliegen dem Bundesgesetzgeber.

Vor der Tat eingreifen

Obwohl die Zahl der einfachen Körperverletzungen von 2006 bis 2009 von 239 auf 646 und die gefährlichen Körperverletzungen von 182 auf 239 gestiegen sind, hält die Polizei an dem Mittel fest. Polizeipräsident Werner Jantosch räumt ein, dass das prophylaktische Filmen von hunderttausenden KiezbesucherInnen einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht darstelle, „wir können jedoch schneller eingreifen, wenn sich etwas zusammenbraut, noch bevor es zu einer Straftat gekommen ist“, sagte Jantosch.

Und auch für Vahldieck habe der Grundrechtseingriff den „netten Nebeneffekt“, dass durch Videoaufzeichnungen Straftaten aufgeklärt werden konnten. „Wer Opfer einer Straftat geworden ist“, sagt Vahldieck, „der freut sich, wenn diese aufgeklärt wird“. KAI VON APPEN