Berlin verschenkt reichen Fang

WASSERVERTRÄGE Der Verkauf der Berliner Wasserbetriebe hat sich finanziell nicht gelohnt: Für den Haushalt wäre es besser gewesen, zusätzliche Schulden in Kauf zu nehmen

VON SEBASTIAN HEISER

Das Land Berlin stünde heute finanziell besser da, wenn es sich vor gut zehn Jahren gegen eine Teilprivatisierung der Wasserbetriebe entschieden hätte. Das zeigt ein Vergleich: Hätte das Land die Wasserbetriebe damals behalten und dafür höhere Schulden gemacht, müsste es Zinsen zahlen. Stattdessen zahlen die Wasserbetriebe nun eine Rendite an die Privatinvestoren – und die ist deutlich höher, als die Zinsen gewesen wären.

Ein effizientes Unternehmen und Gewinne für die Landeskasse – das hatte sich die große Koalition erhofft, als sie sich für die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe entschied. 49,9 Prozent der Betriebe gingen 1999 an die Unternehmen RWE und Veolia. Diese zahlten dafür 3,3 Milliarden Mark. Die große Koalition unter Eberhard Diepgen (CDU) senkte mit dem Geld die Neuverschuldung. Das Land nahm also weniger neue Kredite auf. Doch was damals kurzfristig dem klammen Haushalt half, hat sich auf lange Sicht nicht ausgezahlt.

Der Grund ist eine Gewinngarantie, die der damalige Senat den Käufern gab. Das heißt: Die privaten Anteilseigner sollten ihren Gewinnanteil auf jeden Fall erhalten – und das Land Berlin muss nehmen, was übrig bleibt (sonntaz Seite 18). 2009 erhielten die Konzerne eine Rendite von 11,7 Prozent von den Wasserbetrieben für den damals gezahlten Kaufpreis von gut 3 Milliarden Mark. Hätte sich Berlin dagegen um diese 3,3 Milliarden Mark höher verschuldet, wären dafür jetzt nur 3,5 bis 4 Prozent Zinsen fällig.

Gewinne auch fürs Land

Bei den Debatten im Abgeordnetenhaus im Vorfeld der Entscheidung klang das noch anders. Protokolle zeigen: Die Befürworter der Privatisierung gaben an, dass das Land in gleicher Höhe wie die Privaten profitieren sollte. So heißt es im Protokoll zur Sitzung des Hauptausschusses am 30. März 1999 über Äußerungen des SPD-Abgeordneten Thomas Gaudszun: „In Bezug auf den Verdacht, dass das Unternehmen unter den vorliegenden Voraussetzungen zu hohe Gewinne erzielen könnte, sei darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Teilprivatisierung handele, bei der die Mehrheit und damit auch die entsprechende Mehrheit der Gewinnentnahme beim Land Berlin verbleibe. Jede besondere Effizienzsteigerung und Gewinnerhöhung komme in jedem Fall zu 51 Prozent dem Land Berlin zugute.“ Das verhindert jedoch die Gewinngarantie.

Weniger Arbeitsplätze

Mit der Privatisierung gab es außerdem einen Abbau der Arbeitsplätze. Statt der versprochenen neuen Arbeitsplätze wurde die Zahl der Stellen reduziert. Derzeit arbeiten bei den Wasserbetrieben – inklusive der übrig gebliebenen Tochtergesellschaften – noch 5.283 Mitarbeiter. Im Jahr 1999 waren es noch 6.265.

Die Konzentration auf das Monopolgeschäft und steigende Wasserpreise führten zu einem schnellen Anstieg der Gewinne. So stiegen die Wasserpreise seit der Teilprivatisierung um rund ein Viertel. Zusätzlich führte das Unternehmen einen neuen Grundpreis ein. Seit dem Jahr 2004 liegt die Rendite der privaten Anteilseigner so immer über 9 Prozent – im Durchschnitt dieser sechs Jahre bei 10,5 Prozent. Dass die Rendite sinken sollte, ist nicht absehbar.