Boykottbrecher im AStA

Hände weg von Studiengebühren, lautet die Devise der AStA-Mehrheit. Doch das Geld macht manche schwach

Studis sind gegen Studiengebühren – es sei denn, diese tragen zum eigenen Einkommen bei. Im Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA) der Uni Bremen sorgt das derzeit mächtig für Streit. Der Anlass: Ein Mitglied des Studierendenrats will Langzeitstudiengebühren zur Finanzierung eines Tutoriums nutzen.

Das ist ein Tabubruch. Denn die große Mehrheit der Studis lehnt Studiengebühren jeglicher Form ab. Insbesondere die linke Liste „AStA für alle“ (AfA), zweitstärkste Kraft im AStA. Zwar konnte sie die Langzeitstudiengebühren zu diesem Semester nicht verhindern. Ende August beschloss sie jedoch einstimmig, sich nicht, wie vom Rektorat angeboten, an der Verteilung dieser Gelder zu beteiligen.

Ronald Gotthelf, Politikstudent im 13. Semester und zu dem Zeitpunkt noch AfA-Mitglied, will davon inzwischen nichts mehr wissen. Nur wenige Tage nach dem Beschluss reichte er einen Antrag für die Finanzierung seines Tutoriums „Neuland Universität“ ein – mit Erfolg. 400 Euro, so Gotthelf zur taz, habe das Rektorat bewilligt. Besonders pikant: Gotthelf saß – in Missachtung des AfA-Beschlusses – als studentischer Vertreter selbst in der Arbeitsgemeinschaft, die seinen Antrag mit positiver Empfehlung ans Rektorat weiterleitete. Der AfA berief darauf am 15. September eine Sondersitzung ein, auf der Gotthelf seine Mitgliedschaft aufkündigte.

„Wir sind schockiert, dass Gotthelf seine Gremienarbeit nutzt, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen“, sagt Jan Bönkost vom AStA. Die AfA-Liste distanzierte sich umgehend von ihrem einstigen Mitglied. Auch sie wirft Gotthelf vor, persönlichen Nutzen aus den Gebühren schlagen zu wollen. Der Studierendenrat forderte ihn einstimmig auf, seine Mandate im Akademischen Senat und Studierendenrat niederzulegen.

Gotthelf lehnt das ab. „Das Tutorium gibt es bereits seit zwei Jahren. Ursprünglich wollte AfA selbst es durchführen“, rechtfertigt er sich. Handelt es sich doch um eine Veranstaltung für Erstsemester, deren Studiengänge keine Orientierungswoche durchführen. Und, so Gotthelf: „Letztlich hat nicht die Arbeitsgemeinschaft, sondern das Rektorat über die Bewilligung des Projekts entschieden.“

„Grundsätzlich befürworten wir die Veranstaltung“, räumt AfA-Mitglied Anja Wichtil auf Nachfrage ein. Die Kosten dafür müsse jedoch, wie auch in den Vorjahren, das für studentische Angelegenheiten zuständige Dezernat 6 übernehmen. Wichtil: „Die Finanzierung des Tutoriums durch Studiengebühren lehnen wir ab.“ Solveig Wrage