CDU-Biobauer mit Gewissen

„Die Vorstellung vom ungelösten Problem des Atommülls, die konnte ich einfach nicht mittragen“

Bis zur letzten Minute hatten einige Atomkraftgegner Hoffnungen in sie gesetzt: die Abweichler aus der Koalition. Hans-Georg von der Marwitz ist einer von ihnen. Er sitzt für die CDU im Bundestag und hat am Donnerstag gegen die Laufzeitverlängerung gestimmt. Am Ergebnis hat das zwar nichts geändert, aber ein Zeichen ist es doch: Der Weg zurück ins Atomzeitalter, ihn wollen nicht alle Konservativen gehen.

Der Biobauer aus Brandenburg steht nur selten im Rampenlicht der Aufmerksamkeit. Er gehört zu den vielen Hinterbänklern in der CDU, die normalerweise nicht auffallen. Nur dann, wenn sie gegen ihre Fraktion stimmen. Wenn die eigene Überzeugung stärker ist als der Fraktionszwang. „Die Vorstellung vom ungelösten Problem des Atommülls, die konnte ich einfach nicht mittragen“, sagt Hans-Georg von der Marwitz der taz.

Ursprünglich war aber etwas anderes ausschlaggebend für seine Ablehnung des Energiekonzepts der Bundesregierung: die geplante Förderung der CCS-Technik. Dabei soll das Klimagas Kohlendioxid aus Kraftwerksabgasen herausgefiltert und unterirdisch eingelagert werden – zum Beispiel im brandenburgischen Landkreis Märkisch Oderland, der Heimat des CDU-Abgeordneten. „Unsere Kulturlandschaft soll zu einem Versuchslabor für eine Großtechnik werden“, fürchtet von der Marwitz.

Kurz nach der Wende ist er nach Brandenburg gezogen, hat dort große Landflächen gekauft und baut seitdem Raps, Zuckerrüben, Mais und Getreide an – größtenteils ökologisch. Für die CDU saß er dort schon im Kreistag, als er noch kein Parteibuch besaß. Erst 2002 trat er der Union bei, im letzten Jahr schafft er es über die Landesliste in den Bundestag. Er widmet sich auch dort seiner Herzensangelegenheit, dem Kampf gegen CCS.

Wäre er da nicht bei den Grünen besser aufgehoben? Tatsächlich gebe es im Energiebereich „viele Positionen, die ich teile“, räumt er ein. „Aber ich bin vor allem aus persönlichen Gründen in der CDU.“ In seinem Kreisverband teile man „die Sorge um die Zukunft unserer Region“ und eine Volkspartei sei nun mal „kein homogener Haufen“.

Angst vor Isolation in der eigenen Partei hat Hans-Georg von der Marwitz nicht: Sein Nein zum Energiekonzept sei zwar nicht gern gesehen, werde aber akzeptiert. FELIX WERDERMANN