Spaß gegen Teamgeist

Finanziell sind die amerikanischen Basketball-Vereine den europäischen Teams weit überlegen –sportlich allerdings nicht mehr, wie man bei der NBA-Europe-Live-Tour in Köln beobachten kann

AUS KÖLN MARTIN FÜNKELE

Der Aufwand ist gewaltig. 2.500 Mitarbeiter beschäftigt Bernd Assenmacher, um seine Gäste aus Amerika zufrieden zu stellen. „Die Messlatte ist hoch“, sagt der Geschäftsführer der Kölnarena. Neben seinem Personal rackern noch 250 Mitarbeiter der NBA und 40 Angestellte der Euroleague. Das Ergebnis ist eine gigantische PR-Veranstaltung der beiden stärksten Basketballligen der Welt: die NBA-Europe-Live-Tour. In sechs europäischen Metropolen hat der gewaltige Tross bisher Station gemacht.

Galt es im Basketball bisher als ungeschriebenes Gesetz, dass die potentesten Clubs in der NBA beheimatet waren, demonstriert die aktuelle Europa-Tour eine Kräfteverschiebungen. Erst verloren die Philadelphia 76ers in Barcelona mit 104:99, dann demontierte der amtierende Euroleague-Champion ZSKA Moskau die LA Clippers mit 94:75. Moskaus Theodoros Papaloukas sagt: „Wir haben gezeigt, dass europäische Mannschaften gut genug sind, um in der NBA mitspielen zu können.“ Noch bevor es zum Vergleich zwischen Philadelphia und Moskau kam, sagte ZSKA-Coach Ettore Messina: „Bei allem Respekt vor den Amerikanern: Ich mag unser Spiel lieber, weil es teamorientierter ist.“

Akteure, die auf beiden Seiten des Atlantiks Basketball gespielt haben, beschreiben die Unterschiede so: „Die NBA ist viel mehr auf Unterhaltung ausgelegt“, erklärt Pat Burke. Der Ire spielt seit 2005 für die Phoenix Suns, davor unter anderem für Real Madrid. „Als ich nach Amerika kam, konnte ich nicht glauben, was für eine schlechte Grundausbildung die NBA-Spieler haben.“ Und J. R. Holden, der erste Amerikaner mit russischem Pass, sagt: „Die besten Euro-Teams könnten in der NBA spielen. Sie gewännen vielleicht keinen Titel, aber mithalten könnten sie schon.“

Das Kräftemessen in Köln ist allerdings nicht unbedingt aussagekräftig, denn die NBA-Teams haben ihre Vorbereitung auf die Ende Oktober startende Saison gerade erst begonnen. In den meisten europäischen Ligen läuft der Spielbetrieb hingegen schon. „Das Timing ist nicht ganz perfekt“, sagt Steve Nash. Der für Phoenix spielende Kanadier wurde in den letzten beiden Jahre zum wertvollsten Spieler der NBA ausgezeichnet. Zudem wartet Dirk Nowitzkis Kumpel mit einem originellen Vorschlag auf: „Viel mehr Basketballer sollten Fußball spielen“, so Nash. Ihm habe der interdisziplinäre Austausch geholfen „andere Passwinkel zu sehen“. Damit gibt Nash die Vorlage für eine Überlegung, die weit spannender ist als die Frage, welche Basketballkultur die bessere ist. Nämlich der Versuch, beide Philosophien miteinander zu verbinden.

Mike D’Antoni hat das immer so gehalten. Bevor er Headcoach der Phoenix Suns wurde, gewann er mit Treviso als Spieler und Trainer Titel. „Ich habe das Teambuilding aus Europa importiert. Das wird hier einfach besser gemacht. Hier essen die Teams zusammen, reisen und mögen sich tatsächlich.“ In Phoenix ist ihm das mit Hilfe von international erfahrenen Spielern wie Nash, Boris Diaw (Frankreich) oder Leandrinho Barbosa (Brasilien) gut gelungen.

Doch bei allen Gemeinsamkeiten wird sich ein wesentlicher Unterscheid so schnell nicht beseitigen lassen. „Hauptsächlich geht es um die Kohle – das ist das größte Problem“, sagt Moskaus Holden. „Viele Spieler denken: Warum in Europa für 1 Million spielen, wenn ich in der NBA 12 Millionen Dollar verdienen kann?“

So werden sich die kühnen Pläne von Real Madrids Vizepräsident erst mal nicht verwirklichen lassen. José Sanchez wartete unlängst mit einem Vorschlag auf, wie die NBA in fünf europäischen Städten dauerhaft ansässig werden könnte. NBA-Boss David Stern, der seit Jahren einen ähnlichen Traum hat, relativiert nüchtern: „Die Frage ist, wann wird es fünf Teams mit fünf Arenen und fünf Besitzern geben, die in der Lage sind, 400 Millionen Dollar aufzubringen?“