Strampeln für ein neues Image

MOBILITÄT Bremen will sich überregional als Radfahr-Stadt bekannt machen und hat dafür neue Apps und Touren entwickelt. Für die Nummer drei unter Europas Bike-Citys eine längst überfällige Initiative

Bremen hat eine neue App. Vor allem aber: ein neues Image. Zum ersten Mal überhaupt wird Bremen nun überregional als Radfahr-Stadt beworben. „Dafür haben wir uns jahrelang vergeblich engagiert“, sagt Klaus-Peter Land vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Nun aber hat sich Tourismus-Chef Peter Siemering höchstselbst auf ein Pedelec geschwungen und erprobt die neue App, die Touristen und Einheimischen die besten Radel-Wege durch Bremen und umzu weisen soll.

Zum Beispiel auf der neu beschilderten Blockland-Runde „Kuh, Knipp und Kult“. Start der Demo-Tour ist am Hauptbahnhof. Dort zeigt sich, dass die App sehr obrigkeitshörig ist: Sie weist nur Wege aus, deren Benutzung allen Verkehrsregeln entspricht. Das bedeutet: Die Tour-Teilnehmer werden erstmal ums Überseemuseum herum geroutet, statt direkt zur Bahnunterführung Richtung Stern. Die Bremer Journalisten dürfen sich diese Extra-Runde sparen. Allerdings: „Auch auf einer Pressekonferenz gilt die Straßenverkehrsordnung“, mahnt Jens Joost-Krüger von der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB), und so schieben alle ihre Räder brav über den Bahnhofsplatz zum Postamt 5. Dann darf geradelt werden.

In keiner anderen Stadt Deutschlands mit mehr als 500.000 Einwohnern legen so viele Menschen ihre täglichen Wege per Rad zurück. Europaweit, hat die WFB errechnet, rangiert Bremen diesbezüglich auf Platz drei. Höchste Zeit also für ein modernes Rad-Leitsystem – wenn es schon nicht für die Instandsetzung der Radwege reicht.

Was die lokalen Touristiker zu der neuen Schwerpunktsetzung motiviert haben dürfte, sind Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums: 2,4 Millionen Besucher kommen pro Jahr per Rad nach Bremen, sie bringen einen Umsatz von 38,4 Millionen Euro. Da sind die 320.000 Euro, die das „Bike it“-Projekt mit App, sechs Touren, einem Bremer Fahrrad-Magazin, Karten und Beschilderung kostet, gut investiertes Geld – zumal fast die Hälfte aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung stammt.

Unter www.bremen.de/bike-it ist die App runterladbar – was in Gegensatz zu vergleichbaren Angeboten anderer deutscher Städte kostenfrei ist. Dass sie offline funktioniert, ist für Umlandtouren praktisch. Abzuwarten bleibt nur, ob die Touristik-Zentrale den Esel im Stadtmusikanten-Logo nun durch ein Rad ersetzt.  HENNING BLEYL