Alles so ungewohnt harmonisch

KULTUR Wie muss sich die Förderung verändern, damit alle glücklich sind? Eine von den Grünen organisierte Debatte in den Sophiensælen verlief außergewöhnlich entspannt

VON ANDREAS HARTMANN

Vertreter verschiedener Berliner Kulturinstitutionen sitzen gemeinsam auf einem Podium. Sie unterhalten sich über Dinge, die jeden von ihnen etwas angehen. Das ist nichts Ungewöhnliches, könnte man meinen. Ist es aber doch: Am Ende des Gesprächs am Mittwoch in den Sophiensælen über den Reformbedarf der Kulturförderung war spürbar, wie auf dem Podium eine gewisse Überraschtheit darüber herrschte, dass sich alle in so gut wie allen diskutierten Punkten schrecklich einig waren. Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters, wirkte fast schon euphorisch und meinte, er wünsche sich unbedingt weitere derart fruchtbare Gespräche zur Thematik Kulturförderung.

Die soll er auch bekommen. Noch weitere sechs Male wird im Aufrag der Grünen-Fraktion bis Ende des Jahres an unterschiedlichen Orten diskutiert, wie diese Stadt besser mit ihrem wichtigsten Wirtschaftsfaktor, nämlich der Kultur, umgehen könnte.

Bitte weniger drängeln!

Immer mehr Kulturinstitutionen und immer mehr Kulturschaffende gibt es in Berlin, und alle wollen sie ran an die Fördertöpfe. Doch die wachsen nicht in dem Maße, wie ganz offenbar Bedarf an ihnen besteht. Die Botschaft des Abends in den Sophiensælen war, dass man nicht weiter um die Gelder rangeln will, sondern sich gemeinsam, als Vertreter von Leuchtturminstitutionen, Off-Kultur und Freier Szene, dafür einsetzen will, dass alle mehr bekommen.

Auch darin, dass die sogenannte Freie Szene besser unterstützt werden muss, herrschte Konsens. Moritz Malsch, Mitverantwortlicher beim Literaturhaus Lettrétage, wies auf das Ungleichgewicht hin, dass die Mehrheit der Kulturschaffenden Freie seien, diese aber nur etwa 5 Prozent der verteilten Gelder bekämen.

Es war gut und richtig, was da vom Podium verlautbart wurde. Allein: Da wurde von allen Seiten mehr Unterstützung, mehr Geld, mehr Zuwendung vom Senat und überhaupt mehr Liebe von allen Seiten verlangt. Es fehlte jemand, der all dem vielleicht auch mal widersprochen hätte. Warum nicht sogar eine Stimme, die darauf hinweist, dass es bei der Debatte über Kultur auch mal wieder um etwas anderes gehen könnte als die Frage, wie man sich am einfachsten aus irgendeinem der vielen Fördertöpfe bedient? Sogenannte Expats aus London oder New York, darüber berichtete jüngst die Süddeutsche Zeitung, würden in Berlin kulturell immer mehr auf die Beine stellen – und das ganz ohne Förderung.

Geld bitte an die Off-Szene

Ein wenig knirschte es immerhin am Ende der Gesprächsrunde. Da wurde darüber diskutiert, ob es denn wirklich sein dürfe, dass hoch subventionierte Spielstätten auch noch Mittel aus dem Hauptstadtkulturfonds für ihre Projekte bewilligt bekommen. Nein, war vorherrschende Meinung, diese Gelder sollten doch bitte schön der Off-Szene zukommen – was Dietmar Schwarz, der Intendant der Deutschen Oper, nicht ganz so sah. Er lässt sich doch auch dieses Jahr wieder ein Projekt vom Hauptstadtkulturfonds mitfinanzieren. Nur eitel Sonnenschein herrscht also doch nicht unter Berlins Kulturmachern. Das lässt hoffen für die nächsten Gesprächsrunden.