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ÜBER QUIZDUELL KANN MAN SICH SOWOHL MIT RENTNERN ALS AUCH MIT DEM PUBERTÄTSBRATZ IN DER U-BAHN UNTERHALTENEndlich Mainstream

MEIKE LAAFF

Wie viele Kräuter sind im Ramazotti?“, frage ich meinen Freund. Der schaut nicht mal hoch. „Im Ramazotti! Schnell!“ Einen Punkt noch, und ich hätte meinen Herausforderer plattgemacht. Keine Ahnung, wie lange wir hier schon sitzen und auf unseren Smartphones herumhacken – ich habe das Zeitgefühl verloren. Das haben ein paar Tage „Quizduell“ aus uns gemacht.

Fast hätte ich es geschafft, diese gehypte Spieleapp an mir vorbeidudeln zu lassen – hat Quizduell doch ganz eindeutig seinen Zenit überschritten. Ich meine: Was schreit eindeutiger „Das Ding ist durch“ als die Ankündigung der ARD, aus der App eine tägliche Show im Vorabendprogramm zu machen und künftig die Soap „Verbotene Liebe“ zu ersetzen? Das Quizduell mit Jörg Pilawa – dem ehemaligen Moderator von „Das Quiz mit Jörg Pilawa“!

Und doch bin ich jetzt eine von angeblich zehn Millionen. Endlich mal Mainstream. Sperrbefeuere mein Hirn mit Fragen nach den Schlümpfen und medizinischen Fachbegriffen. An der Bushaltestelle, mitten im Gespräch, abends unter der Bettdecke. Freunde oder Unbekannte, ich spiele gegen alle. Es gibt wenig digitale Entwicklungen, über die man sich sowohl mit pensionierten Freunden der Schwiegereltern als auch mit dem Pubertätsbratz in der U-Bahn unterhalten kann. Auch wenn sich viele schämen zuzugeben, dass sie voll auf Quizduell sind. „Von dir hätte ich das jetzt nicht gedacht“, sagen sie – als hätte man sie erwischt, wie sie bei McDonald’s frühstücken. Ich verstehe das Rumgedruckse nicht: Natürlich ist Quizduell eine App für Besserwisser und Leute, die sich von Berufs wegen einbilden, Bescheid zu wissen. Also Lehrer und Journalisten.

Gerade für sie ist Quizduell mitunter purer Masochismus – weil die App, obwohl in Schweden gemacht, auch die original deutsche Schadenfreude anzapft: Die App erinnert mich nicht nur, dass ich im Grunde nichts weiß. Sondern vor allem, ganz postsokratisch, was ich nicht weiß, mein Gegner aber schon. Besonders die Gegenspieler aus dem Freundes- und Bekanntenkreis lernt man so noch einmal ganz neu kennen: Keine drei Spielzüge, schon pöbelt ein Freund, der sonst gerne betont, dass ihm schon Scharade zu kompetitiv ist, per Chat los, ob man echt nicht gewusst hätte, welcher Satz über dem Eingang von Buchenwald stünde. Hehehe. Von null auf Kampfschwein in fünf Sekunden. Ein anderer unterstellt einer Freundin Mogelei, sobald die drei Sportfragen in Folge richtig beantwortet.

Ich hingegen habe nach den ersten drei peinlichen Schlappen erwogen, nur noch gegen Unbekannte zu zocken – ich blamiere mich doch, als Journalistin sollte man ja schon ein bisschen Allgemeinbildung … auch wenn es nur um die Größe der Schlümpfe oder die Hauptstadt von Idaho geht! Nur um mich dann wieder zu beruhigen: Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung von derartigem Wissen hat mein Hirn offenbar für nicht verfassungsgemäß erklärt. Womit wir einmal mehr im Trend lägen, mein Hirn und ich.

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | KOLUMNE@TAZ.DE

Montag Anja Maier Zumutung

Dienstag Jacinta Nandi Die gute Ausländerin

Mittwoch Matthias Lohre Konservativ

Freitag Jürn Kruse Fernsehen

Montag Deniz Yücel Besser

Apropos: Im Ramazotti sind 33 Kräuter. Weswegen ich diese Runde verloren hatte.

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