Stichwort Regierungsversagen
: Ausschuss für die ganze Wahrheit

Nun wollen die Grünen auch einen Untersuchungsausschuss zum Thema Jugendamt. Und SPD wie CDU erklärten spontan, das sei eine vernünftige Sache. Verwunderlich – hat doch die Regierung, denkt man, alle Möglichkeiten, einen Sachverhalt intern aufzuklären. Was ist los?

Kommentarvon Klaus Wolschner

Offenbar misstrauen die Regierungsfraktionen dem Aufklärungsinteresse ihrer Senatoren. Denen ist, das zeigt der auch im Konsens eingesetzte Untersuchungsausschuss zum Klinikskandal, einiges aus dem Ruder gelaufen. Die Sozialsenatorin ist entsetzt über die Zustände in ihrem Verantwortungsbereich, das darf man ihr glauben. Regierungsversagen gab es jedenfalls im Fall der Krankenhäuser nicht, versicherte der SPD-Fraktions-Chef. Und stellte damit das Wort mitten in den Raum.

Die verbliebenen sechs Senatoren zeigten gestern außergewöhnliche Präsenz auf der Regierungsbank. Dass das Parlament einstimmig beschloss, mit einem Untersuchungsausschuss das Regierungshandeln zu kontrollieren, ist im Grunde ein Misstrauenszeichen. Der Vorteil gegenüber einer normalen behördeninternen Aufklärung besteht schlicht darin, dass kleine Angestellte des Sozialamtes vor dem Ausschuss die ganze Wahrheit sagen müssen – und dürfen.

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