VORMERKEN
: Ein Humorist mindestens in der Höhenlage wie Samuel Beckett und Buster Keaton: Daniil Charms bekommt jetzt seine Werkausgabe

Bitte schön, eine kleine Geschichte, wirklich nicht lang: „Da ging einmal ein Mensch ins Büro und traf unterwegs einen anderen Menschen, der soeben ein französisches Weißbrot gekauft hatte und sich auf dem Heimweg befand. Das ist eigentlich alles.“ So hat es der russische Dichter Daniil Charms in seiner „Begegnung“ festgehalten. Ganz knapp, präzise, in einem wirklich dem Leben abgeschauten Stück Literatur. Wobei Charms eben so genau hingeschaut hat, dass sich das Absurde dieser Veranstaltung nicht mehr verbergen lässt, des Lebens, der Literatur, und deswegen darf man diesen Daniil Charms auch einen Humoristen nennen, so wie Samuel Beckett und Buster Keaton. In einem Leningrader Gefängnis ist Daniil Charms 1942 verhungert, während die Deutschen gerade die Stadt belagerten. In der Sowjetunion waren seine Schriften lange verboten. In Deutschland gab es ihn nur portionsweise hier und da. Was jetzt vom Galiani-Verlag in einer ersten deutschen Werkausgabe gesammelt wird. Auf vier Bände ist sie angelegt. Die ersten beiden sind erschienen, und zur Halbzeit des Projekts lesen morgen Maria Schrader und Peter Wawerzinek in der Bibliothek am Wasserturm Daniil Charms. TM

■ Charms-Lesung: Bibliothek am Wasserturm, Prenzlauer Allee 227/228. Dienstag, 20 Uhr. 10/8 Euro