Schwarz gleich Dealer?

HILFE GEGEN RACIAL PROFILING

Die rassistische Praxis ergibt sich aus dem Berliner Gesetz

Geschichten von rassistisch motivierten Polizeikontrollen können fast alle Nichtweißen erzählen: Streift der Bundesgrenzschutz durch Bahnhöfe oder Züge, pickt er sich die Schwarzen raus. Wird auf dem Alex nach Taschendieben gesucht, geraten „Türken“, „Araber“ und „Roma“ ins Visier. Trifft ein Schwarzer am Görlitzer Park einen Polizisten, hat er gute Chancen, als Dealer festgenommen zu werden.

Vorfälle dieser Art passieren täglich in Berlin. Aber was tun? Dazu hat die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt in dieser Woche einen nachdenkenswerten Vorschlag gemacht. Jeder Polizist sollte bei Personenkontrollen einen Fragebogen ausfüllen, in dem er Merkmale wie Hautfarbe des Kontrollierten, Staatsangehörigkeit oder Migrationshintergrund angibt – und auch, ob sich der Verdacht am Ende bestätigt. Jeder Polizist müsste also reflektieren, was der Grund für eine Kontrolle ist. Bewusstseinsschärfung durch Bürokratie. Leider sind die Chancen, dass die Idee realisiert wird, gering. Denn für die Verantwortlichen gibt es Racial Profiling gar nicht. Für den Innensenator sind solche Behauptungen sogar eine Diffamierung seiner Behörden.

Dabei ergibt sich die rassistische Praxis aus dem Berliner Ordnungs- und Sicherheitsgesetz: Das erlaubt ausdrücklich verdachtsunabhängige Personenkontrollen an „kriminalitätsbelasteten Orten“, etwa um Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht festzustellen. Für Polizisten ist das geradezu eine Aufforderung, Schwarze zu kontrollieren: Da ist die Trefferquote an „Illegalen“ einfach höher. Und die Dealer im Görli sind ja auch alle schwarz.

Der Umkehrschluss ist dennoch falsch – und rassistisch: Natürlich ist nicht jeder Schwarze ein Dealer oder Flüchtling. Aber bis solche Gleichungen aus den Köpfen – nicht nur von Polizisten – verschwunden sind, werden noch viele Unschuldige von der Polizei hopsgenommen.

SUSANNE MEMARNIA