Die Kunst, sich durchzusetzen

KUNSTHALLE Klaus Wowereit schiebt mit Architektenwettbewerb für mobile Kunsthalle sein bislang gescheitertes Lieblingsprojekt wieder an. Grüne: Regierender macht Wahlkampf

Die Leistungsschau junger Berliner Kunst findet zeitgleich mit der Kunstbiennale in Venedig im Sommer 2011 statt

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Der Regierende Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) gibt bei seinem Lieblingsprojekt – der städtischen Kunsthalle – erneut Gas. Für die von ihm für den Sommer 2011 angekündigte „Leistungsschau“ junger Berliner Künstler soll jetzt ein „Architektenwettbewerb für eine mobile Halle ausgelobt werden“, sagte Wowereit am Montag im Kulturausschuss. Als Standort für das Provisorium habe die Kulturverwaltung die Fläche am Humboldthafen ausgesucht. „Weil die Zeit bis zur Ausstellung kurz ist“, sei zur Steuerung des Wettbewerbs die gemeinnützige Landesgesellschaft Kulturprojekte GmbH beauftragt worden. Geklärt worden ist auch, dass vier Kuratoren für das Kunstevent engagiert werden.

Zahlen nannte Wowereit auf der Sitzung ebenfalls: Vorgesehen sei, dass das Land Berlin insgesamt 600.000 Euro in das Projekt stecke. Da die Megaschau junger Kunst samt Halle aber wohl in die Millionen gehe, müssten weitere Gelder öffentlicher oder privater Institutionen und Förderer akquiriert werden.

Angesichts des Tempos, das der Regierende in Sachen mobile Kunsthalle wieder vorlegt, fühlte sich die Opposition im Abgeordnetenhaus am Montag gefordert: Michael Braun, Kulturexperte in der CDU-Fraktion, verlangte von Wowereit, die Öffentlichkeit über die genauen Kosten nicht im Unklaren zu lassen. „Sagen Sie, wie teuer das genau wird.“ Die konkreten Aufgaben der Kulturprojekte GmbH müssten ebenfalls transparent gemacht werden.

Zudem habe es den Anschein, dass Zeitpunkt und Ausmaß der Ausstellung „in Wirklichkeit ein Wahlkampfprojekt des Regierenden sind“, wie Alice Ströver kritisierte. Wer 2011 so kurz vor der Abgeordnetenhauswahl mit einem derartigen Thema auftrumpfe, habe nichts anderes als Wahlkampf im Sinn, ätzte die grüne Kulturpolitikerin.

Die neue mobile und zugleich temporäre Architektur am Humboldthafen hat nichts mit der im September abgerissenen ebenfalls „Temporären Kunsthalle“ am Schlossplatz zu tun. Ebenso wenig sei es ein Wahlkampfthema, lenkte Wowereit ab. „Das ist vielmehr ein Projekt des Landes Berlin.“ Nach dem Haushalts-Aus für seine umstrittenen Kunsthallenambitionen im November 2009 – auch weil nicht einmal die eigene SPD-Fraktion 30 Millionen Euro Baukosten bewilligte – habe der Senat den Aufbau und die Nutzung einer „mobilen Kunsthalle“ beschlossen, erinnerte Wowereit. Diese Entscheidung werde nun umgesetzt. Nach der „Bestandsaufnahme junger zeitgenössischer Kunst in Berlin 2011“ werde man klarer sehen, ob die Stadt eine ständige Kunsthalle benötige.

Mit der mobilen Kunsthalle soll die Debatte um eine ständige Kunsthalle und deren Kosten wiederbelebt werden, sagte auch Kulturstaatssekretär André Schmitz. Berlin benötige seiner Ansicht nach solch eine „dauerhafte Institution“. Schmitz erinnerte daran, dass das Projekt mithilfe der international renommierten Kunstexperten Klaus Biesenbach (New York), Christine Macel (Paris) und Hans Ulrich Obrist (Schweiz) über die Bühne gehen werde.

Außerdem legten Wowereit und Schmitz im Kulturausschuss schon mal die Latte für die Künstler und die junge Kunst auf. Um zu demonstrieren, womit man sich messen lassen will, wird die Berlin-Schau „zeitgleich mit der Kunstbiennale in Venedig stattfinden“, sagte Schmitz. Die findet von Juni bis November 2011 statt. Mittendrin ist Wahltermin: am 18. September 2011.