„Themen ohne Grenzen“

20 Jahre taz bremen, 25 Jahre taz hamburg: Warum investiert die taz in die Regionalteile? Interview mit taz-nord-Chef Jan Kahlcke

taz: Jan Kahlcke, du hast früher schon drei Jahre bei der taz bremen gearbeitet, seit einem halben Jahr bist du Redaktionsleiter bei der neuen taz nord. Wie läuft es mit diesem Projekt?

Jan Kahlcke: Gut. Wir haben inzwischen ein ganz gutes Gefühl für unser riesiges Berichtsgebiet zwischen Flensburg und Göttingen, Emden und Wismar entwickelt. Und wir haben festgestellt, dass in der Provinz bisweilen Geschichten schlummern, die auch Großstädter interessieren.

Klappt die Zusammenführung der Redaktionen von taz bremen und taz hamburg?

Ja, es läuft, ehrlich gesagt, heute erstaunlich viel besser und mit sehr viel mehr goodwill, als ich mir das vorgestellt hätte. Ich bin ganz positiv überrascht.

Und inhaltlich?

Da sind wir noch viel am Probieren. Wir entdecken zunehmend Themen, die für den ganzen Norden tragen. Den Königsweg für die Nordberichterstattung haben wir aber noch nicht gefunden. Den gibt es für einen so heterogenen Raum vielleicht auch gar nicht.

Zu Beginn der taz nord habt ihr vollmundig einer Länderfusion das Wort geredet. Hat sich schon etwas getan in den vergangenen sechs Monaten?

Das ist eine sehr langfristige Perspektive. Dennoch gibt es immer wieder Bereiche, in denen die Bundesländer allmählich und ganz unspektakulär näher zusammenrücken. Momentan wird eher eine Zwei-mal-zwei-Länderdebatte geführt: Hamburg und Schleswig-Holstein auf der einen, Bremen und Niedersachsen auf der anderen Seite. So lange muss die taz nord wohl allein vorangehen.

Wie reagieren die Menschen darauf?

Unterschiedlich. Während es in Hamburg und Schleswig-Holstein viel Zustimmung zu der Idee gibt, wird die Debatte in Bremen immer noch als absolute Abwehrschlacht geführt. Die Niedersachsen halten sich vornehm zurück.

Was hat das Modell taz nord bewirkt?

Das fängt schon innnerhalb der Redaktion an: Redakteure, die sich immer als Lokalredakteure begriffen und ihren Resonanzraum ganz strikt nur in der eigenen Stadt gesehen haben, entdecken mehr und mehr Themen, die über die Landesgrenze hinausweisen. In den Köpfen ist da viel passiert. Auch die Gegner des Projekts generieren inzwischen richtig gute Norddeutschlandthemen.

Und die Leserinnen und Leser?

Zuerst haben wir massive Kritik einstecken müssen, das hatte schon etwas von enttäuschter Liebe. Aber mittlerweile bekommen wir auch positive Zuschriften mit dem Tenor, dass die Ausweitung auf Norddeutschland richtig sei. Vor allem die Menschen zwischen den Metropolen, aber auch etwa die Hannoveraner profitieren davon, finden sich zunehmend im Blatt wieder.

Gibt es denn neue Themenschwerpunkte?

Ja, Küstenthemen wie Hafenpolitik und Meeresökologie. Sehr intensiv jetzt auch Bildungspolitik – das ist sehr spannend bei vier verschiedenen Bundesländern, die alle unterschiedliche Maßnahmen ergreifen.

Was habt ihr als Nächstes vor?

Besser zu werden in dem, was wir tun: Wir würden gern schneller reagieren können und unser Berichtsgebiet noch vollständiger abbilden. Außerdem organisieren wir einige Veranstaltungen. Wir machen eine Niedersachsen-Tournee mit taz-nahen Satirikern. Und in Hamburg haben wir gerade den taz-Salon etabliert – eine monatliche Gesprächsrunde mit taz-Autoren zu politischen und kulturellen Themen.

INTERVIEW: BARBARA BEHRENDT