Mehr als lesbisch-schwule Gürkchen

Sechs Tage lang zeigen die 17. Lesbisch Schwulen Filmtage Hamburg lang rund 150 Kurz- und Spiel- und Dokumentarfilme. Den Schwerpunkt bilden Transgender-Themen und Produktionen aus Südamerika und Osteuropa

Di, 17.10.-So, 22.10. im Streit’s, Metropolis, Cinemaxx am Dammtor, Studio und B-Movie; Programm unter www.lsf-hamburg.de

Dass die 17. Lesbisch Schwulen Filmtage immer noch so heißen, während inhaltliche Veränderungen wie auch das Publikum sich längst nicht mehr in den Kategorien „lesbisch“ respektive „schwul“ fassen lassen, hat zwei einfache Gründe. Zum einen wurde schlicht kein Name gefunden, der die VeranstalterInnen glücklicher macht als der bestehende; zum anderen sind die Lesbisch Schwulen Filmtage über die Grenzen Hamburgs hinaus zum Markenzeichen geworden. Das Mixed-Pickles-Glas auf dem Plakat indes kündet längst davon, dass es weit mehr als lesbisch-schwule Gürkchen gibt: Uneindeutigeres, Vielfältigeres.

Sechs Tage lang gibt es rund 150 Kurz-, Spiel- und Dokumentarfilme in sechs Hamburger Filmtheatern zu sehen. In den Mittelpunkt gerückt werden dabei besonders Transgender-Themen, mit denen sich eine Reihe von Dokumentationen auseinander setzen. Einen großen Teil nehmen dieses Jahr darüber hinaus Produktionen aus Südamerika, Filme aus Polen, Russland, Bosnien und Rumänien und japanische Animes ein.

Feierlich eröffnet werden die diesjährigen Filmtage am Dienstagabend im Streit’s. Durchs Programm führt „Deutschlands größte lebende Diseuse“ (Die ZEIT) Georgette Dee. Nach dem Auftritt der Diva gibt es die Deutschlandpremiere des queeren Musicals „20 Centímetros“. Der bonbonfarbene Film mit viel Glamour des spanischen Regisseurs Ramón Salazar – der in seiner Heimat bereits als der „neue Almadóvar“ gehandelt wird – erzählt die Geschichte der transsexuellen Marieta, die auf dem Straßenstrich Madrids versucht, das Geld für eine Geschlechtsumwandlung zu verdienen. Ihre „20 Zentimeter“ wecken zwar bei der Arbeit das Interesse der Kundschaft, stehen dem Wunsch, als „wirkliche“ Frau zu leben, jedoch im Weg. Darüber hinaus leidet Marieta an Narkolepsie, unverhofft fällt sie dann und wann in tiefen Schlaf – und träumt sich in eine Musicalnummer hinein. Eine tragische Geschichte voller Tanz und Gesang wie ein klassischer Bollywood-Film. Mit etwas Glück ist Regisseur Salazar bei der Vorführung anwesend.

Weitere Höhepunkte sind der erste britische Dogmafilm „Gypo“ von Jan Dunn, der seine Geschichte vom Einstürzen einer brüchigen Arbeiterfamilienfassade aus einer Reihe verschiedener Perspektiven erzählt und der Abschlussfilm „Quinceañera“, in dem die 15-jährige Magdalena kurz vor ihrem Quinceañera-Fest – das aus ihr eine Frau machen soll – schwanger aus dem Haus geworfen wird und bei ihrem Onkel in Los Angeles’ Szeneviertel „Echo Park“ landet.

Auch dieses Jahr gibt es wieder einen Workshop mit dem Institut für Queer Theory. Anhand von Kurzfilmen wird im Filmhaus der Frage nachgegangen, wie Sexualität in queeren Filmen auf die Leinwand gebracht wird.ROBERT MATTHIES