Polizei darf Handy kurz lahmlegen

Identifizierung von Handys mittels IMSI-Catcher verstößt nicht gegen die Grundrechte

KARLSRUHE taz ■ Der Einsatz von IMSI-Catchern zur Identifizierung unbekannter Handys verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Dies entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht. Es lehnte gestern eine Klage der Humanistischen Union (HU) ab.

Der IMSI-Catcher ist ein technisches Gerät, das den Mobiltelefonen im Umkreis eine Funkzelle vorgaukelt. Die Mobiltelefone melden sich dann statt bei der richtigen Funkzelle beim polizeilichen IMSI-Catcher an und teilen dabei ihre IMSI-Nummer (International Mobile Subscriber Identity) mit. Der IMSI-Catcher wurde entwickelt, weil Kriminelle ständig ihre Mobiltelefone wechseln. Die Polizei muss deshalb zunächst mit dem Catcher das neue Handy identifizieren, bevor sie den Anschluss abhören kann. Wenn die Nummer bekannt ist, darf der Catcher auch benutzt werden, um den Standort des Handy-Besitzers zu orten.

Die Nutzung des IMSI-Catchers wurde 2002 in der Strafprozessordnung geregelt. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass die aufwändige Apparatur „eher selten“ eingesetzt wird.

Die HU hält den Einsatz von IMSI-Catchern für einen unzulässigen Eingriff ins Fernmeldegeheimnis. Alle von der Pseudo-Funkzelle erfassten Mobiltelefone wären bis zu zehn Minuten lahmgelegt. Nicht einmal ein Notruf sei während dieser Zeit möglich.

Wie Karlsruhe nun feststellte, sind die Nebenwirkungen des IMSI-Catchers weniger einschneidend als angenommen. Jedes erfasste Handy werde nur zirka acht Senkunden lahmgelegt, mit derartigen Leistungsstörungen sei auch sonst zu rechnen. Laufende Gespräche werden nicht gestört. Die virtuelle Funkzelle sei auch deutlich kleiner als eine normale Funkzelle. Schließlich muss die Polizei aus der Summe der erfassten Handys noch das richtige herausfinden, zum Beispiel durch einen Stimmvergleich bei Kontrollanrufen oder durch weitere IMSI-Tests an anderen Aufenthaltsorten des Verdächtigen.

Nach Ansicht der Verfassungsrichter liegt schon gar kein Eingriff in die Fernmeldefreiheit vor. Diese schütze die Kommunikation von Menschen, nicht die von technischen Geräten untereinander. Zwar greife der IMSI-Catcher in die informationelle Selbstbestimmung ein, dieser Eingriff sei jedoch zur Strafverfolgung gerechtfertigt und nicht unverhältnismäßig. Die Belastung Unbeteiligter sei relativ gering, ihre IMSI-Daten würden nach Abschluss der Untersuchung unverzüglich gelöscht.

CHRISTIAN RATH