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: Mutige Tabubrecher

Wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund am Samstag zur Großdemonstration in Dortmund aufruft, könnten erstmals seit dem Kampf gegen die Notstandsgesetze wieder liberale Mitstreiter dabei sein. Denn auch der FDP-Nachwuchs in NRW hat Sozialpolitik für sich entdeckt. Am Wochenende berieten die Jungen Liberalen in Krefeld die Lage von Alleinerziehenden oder die Verantwortung von Unternehmern für Standort und Mitarbeiter. Und auch wenn es nichts wird mit dem gelben Block auf der DGB-Demo – der Juli-Kongress zur Sozialpolitik war ein mutiger Schritt der nachwachsenden Freidemokraten. Sie haben getan, was Parteijugendliche tun sollten: Sie wagten sich an jahrzehntelang gehegte Tabus heran, die Dominanz der Neoliberalen wurde erschüttert. Die jungpolitische Konkurrenz sollte gelb vor Neid werden.

KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN

In einer Partei von verarmenden Eltern zu sprechen, die nichts als Modernisierungsgewinner zu kennen meint, ist immerhin ähnlich subversiv, als würde die Junge Union laizistische Staatsmodelle entwickeln oder die Jungsozialisten eine Wirtschaft ohne Tarifautonomie. Das muss wissen, wer den Jungpolitikern nun Etikettenschwindel oder Beliebigkeit vorwirft.

Aber natürlich machen zwei Tage Sozialdiskussion nicht zehn Jahre Elitenkult vergessen. Auch die Forderungen der Jung-FDPler bleiben weitgehend auf Parteilinie der niedrigen Steuern und unternehmerischen Freiheiten.Trotzdem steckt Sprengsatz im Jungsozialliberalen: Die Juli-Funktionäre sprachen in Krefeld von Wärme, einer sanften Partei und dockten an die Wünsche ihrer Altersgenossen an. Für die Unter-Zwanzigjährigen sind Geborgenheit und Sicherheit zu Leitwerten geworden. Wer diese Wünsche beherzigt und sich einmischt in den vielseitigen Diskurs um Gerechtigkeit, wer erklärt wie Kapitalismus und Verantwortung zusammengehen können, hat eine erfolgreiche Zukunft vor sich.