Marathon-Läuferin wird Sozialsenatorin

Bremen hat eine neue Sozialsenatorin: Die Sportbund-Präsidentin Ingelore Rosenkötter soll das Vertrauen in Vater Staat wiederherstellen. Das Jugendamt soll nicht nur Akten verwalten, sondern die Kinder besuchen

Marathonläuferin ist die 53-jährige Ingelore Rosenkötter, die Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) gestern als neue Sozial- und Gesundheitssenatorin für Bremen präsentierte. Das Votum des Landesvorstandes war einstimmig, am 1. November muss der Landesparteitag sie wählen, bevor dann die Bürgerschaft das förmliche letzte Wort hat. Es gehe darum, die „Glaubwürdigkeit wiederherzustellen“, begründete der Landesvorsitzende Uwe Beckmeyer die rasche Präsentation einer Nachfolgerin für die zurückgetretene Karin Röpke. Nach dem Fall Kevin müsse die Politik sich bemühen, solch „staatliches Versagen grundsätzlich auszuschließen für die Zukunft“.

Während Rosenkötter um Verständnis dafür bat, dass sie zu ihrem zukünftigen Amt fachlich noch nichts sagen könne, machte Bürgermeister Jens Böhrnsen deutlich, was ansteht: „Das gesamte Hilfesystem muss auf den Prüfstand.“ Als erstes müssten die 50 Kinder, die bei drogenabhängigen Eltern leben, und 250 weitere Kinder „in Problemfamilien“ besucht werden. Das Jugendamt dürfe sich nicht nur mit „Akten und Vermerken beschäftigen“, zwei Mal die Woche „Sichtkontakt“ müsse Standard sein. Das könne in Kooperation mit Kinderärzten, Hebammen oder Familienhelfern geschehen. Und dann gehe es grundsätzlich darum, wie „in Deutschland“ sichergestellt werden kann, dass Kinder überforderter Eltern geschützt werden.

Er habe das Vertrauen zu Ingelore Rosenkötter, dass sie diese Aufgabe bewältigen könne, meinte Böhrnsen. Die gelernte Bankkauffrau hatte 1989 die Leitung eines Übersiedlerheimes übernommen, war dann 1998 Präsidentin des Landessportbundes Bremen geworden und im Jahre 2000 Geschäftsführerin des Bremer Roten Kreuzes. Beim Landessportbund repräsentiere sie 180.000 Mitglieder, das sei die „größte Bürgerbewegung, die es gibt in Bremen“, lobte sie der Bürgermeister. Erfahrung im sozialpolitischen Bereich hat sie auch als zeitweilige Vorsitzende der „Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege“ gesammelt, die die Interessen der Freien Träger gegenüber der Behörde vertritt. Die Fähigkeit zu schnellen Entscheidungen jedenfalls bringt sie mit: Am Freitag war sie gefragt worden, am Samstag sagte sie zu. Vor wenigen Wochen schon hatte sie sich entschieden, in die Politik zu gehen – damals war sie als SPD-Kandidatin für die Bürgerschaftswahl vorgestellt worden.

Um die notwendige Anbindung an die Parteipolitik zu garantieren, soll in Zukunft ein zusätzlicher Staatsrat an der Spitze der Sozialverwaltung stehen: Joachim Schuster, Politologe und Bürgerschaftsabgeordneter. Zuletzt war er sozialpolitischer Sprecher der Fraktion. kawe